ANTIMUSLIMISCHER RASSISMUS UND MUSLIMFEINDLICHKEIT - WAS IST DAS ?

18-04-2024

Was verstehen wir unter dem Begriff „Muslimfeindlichkeit“? Er zielt zunächst auf die sozialpsychologische Dimension ab, also auf Vorurteile gegen bzw. die Abwertung von Muslim*innen. Die existierenden Problemlagen werden damit aber nur teilweise erfasst. So gibt es Formen von Islamfeindlichkeit, die sich pauschal oder auf der Grundlage von Fehl- und Desinformation gegen den Islam als Religion richten und damit eher mittelbar auch gegen Muslim*innen und gegen jene, die als solche wahrgenommen werden.

Darüber hinaus bestehen aber auch institutionelle und strukturelle Probleme einer (oftmals unbewussten) Diskriminierung und Abwertung, die mit dem neu formulierten, nicht notwendig mit einem Schuldvorwurf verbundenen Begriff des Antimuslimischen Rassismus (AMR) beschrieben werden. Solche strukturellen Benachteiligungen zeigen sich sehr deutlich z. B. beim Zugang zum Arbeits- und Wohnungsmarkt oder bei Übergriffen auf kopftuchtragende Frauen im öffentlichen Raum, aber auch im institutionellen Rahmen.

Die Arbeitsdefinition des UEM für den Begriff der Muslimfeindlichkeit enthält auch die genannten strukturellen Dimensionen:

Muslimfeindlichkeit (auch: Antimuslimischer Rassismus) bezeichnet die Zuschreibung pauschaler, weitestgehend unveränderbarer, rückständiger und bedrohlicher Eigenschaften gegenüber Muslim*innen und als muslimisch wahrgenommenen Menschen. Dadurch wird bewusst oder unbewusst eine ‚Fremdheit‘ oder sogar Feindlichkeit konstruiert. Dies führt zu vielschichtigen gesellschaftlichen Ausgrenzungs- und Diskriminierungsprozessen, die sich diskursiv, individuell, institutionell oder strukturell vollziehen und bis hin zu Gewaltanwendung reichen können.

Wie andere Formen der Diskriminierung auch, betrifft Muslimfeindlichkeit Prozesse innerhalb der Gesellschaft und den Staat insgesamt. Es ist entscheidend, dass sich gerade auch diejenigen, die nicht unmittelbar diskriminiert werden,

solidarisch verhalten. Die Essenz des Rechtsstaats liegt im Schutz von Minderheitenrechten, bisweilen auch entgegen der Mehrheitsmeinung wie etwa bei der nicht zulässigen Einschränkung religiöser Rechte von Minderheiten. Der vorliegende Bericht richtet sich dementsprechend an alle Menschen und Organisationen im Land, etwa im Sinne einer erforderlichen politischen Bildung auf allen Ebenen.

Verschiedene Umfragen belegen seit Jahren kon­stant hohe Ablehnungswerte gegenüber Mus­lim*innen und der Religion des Islams seitens der deutschen Mehrheitsbevölkerung. So zeigt die „Leipziger Autoritarismus Studie“ von 2020, dass Muslimfeindlichkeit in West- und Ostdeutschland stark ausgeprägt ist. In Ostdeutschland geben 55 Prozent der befragen Personen an, sich „durch die vielen Muslime […] wie ein Fremder im eige­nen Land“ (Decker et al. 2020: 64) zu fühlen. Mit gut 45 Prozent sind es allerdings auch in West­deutschland nahezu die Hälfte der Befragten (vgl. ebd.). Laut „Mitte-Studien“ der Friedrich-Ebert- Stiftung haben im Zeitraum von 2002 bis 2019 ca. 20 bis 30 Prozent der Befragten muslimfeindliche Einstellungen (vgl. Zick/Berghan/Mokros 2019: 83).


Der „Bertelsmann-Religionsmonitor“ von 2019 bestätigt dies: 52 Prozent der deutschen Nicht- Muslim*innen empfinden den Islam als bedroh­lich, lediglich 36 Prozent sehen in ihm eine Bereicherung (vgl. Pickel 2019: 3). Auch der Ver­gleich mit anderen Religionen macht klar, dass Christentum, Judentum und Buddhismus in der gesellschaftlichen Wahrnehmung deutlich positi­ver abschneiden (vgl. Pollack/Müller 2013: 37). 

Festzuhalten ist, dass Vorbehalte gegenüber dem Islam und Muslim*innen bei einem erheblichen Teil der deutschen Gesellschaft vorhanden sind. Zur Beschreibung und Erklärung dieses Phäno­mens haben sich im Wissenschaftsdiskurs verschiedene Erklärungsansätze etabliert. International gebräuchlich ist der englische Begriff „islamophobia“, der durch den britischen Thinktank Runnymede Trust etabliert wurde (vgl. 1997).
Dieser stand jedoch recht schnell in der Kritik, u. a. weil er fälschlicherweise nahelegt, dass es sich bei antimuslimischen Einstellungen um „übertriebene Angstgefühle handele und nicht um folgenreiche Ressentiments“ (Pfahl-Traughber 2019). Im deutschen Kontext setzte sich hingegen früh der Begriff Islamfeindlichkeit durch.

 

Muslimfeindlichkeit – Eine deutsche Bilanz
Bundesministerin des Innern und für Heimat


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