21-06-2024
Daten und Fakten zum Ausmaß von Muslimfeindlichkeit in Deutschland
Seit etwa 20 Jahren weisen unterschiedliche Studien immer wieder nach, wie stark Muslimfeindlichkeit in Deutschland verbreitet ist und wie stark sich dieses negative Klima mittlerweile verfestigt hat. Jede*r Zweite in Deutschland ist laut dem Religionsmonitor der Bertelsmann Stiftung islamfeindlich eingestellt; dieser hohe Wert hat sich über die Zeit kaum verändert (vgl. Pickel 2019: 81–82).
45 Prozent der Bevölkerung lehnt eine*n muslimische*n Bürgermeister*in für die eigene Gemeinde ab – allein aufgrund der Glaubenszugehörigkeit (vgl. Ahrens 2018: 2–3).
Jede*r Dritte fordert die Einschränkung der islamischen Glaubensausübung und stimmt damit gegen das Grundrecht auf Glaubensfreiheit (vgl. Baumann/Schulz/Thiesen 2022: 422).
Dies sind nur einige Beispiele, die zeigen, welche Tragweite muslimfeindliche Vorbehalte haben können – für die Betroffenen selbst, aber auch für die Gesellschaft als Ganze. Sie schränken die gleichberechtigte Teilhabe von Muslim*innen und so wahrgenommenen Menschen ein (vgl. Weichselbaumer 2020), aber können auch die Grundfesten unserer Demokratie aushöhlen, wenn Vorbehalte mit Forderungen nach Grundrechtsbeschneidungen einhergehen, wie das obige Beispiel illustriert.
Die im rechten Spektrum zu verortende Partei AfD konnte mit ihrer islamfeindlichen Agenda an verbreitete Vorbehalte anknüpfen und hat es so in den Bundestag geschafft. Letztlich zeigen auch die jährlichen Kriminalitätsstatistiken, die islamfeindliche Straftaten seit 2017 gesondert erfassen, dass Muslimfeindlichkeit auch in Gewalt umschlagen kann und ein massives Sicherheitsproblem darstellt.
Um Muslimfeindlichkeit wirksam bekämpfen zu können, bedarf es zunächst eines Überblicks über das Ausmaß und die Facetten dieser Form der Menschenfeindlichkeit. Eine möglichst gute und differenzierte Dokumentation von Muslimfeindlichkeit ist daher eine wichtige Grundlage. Ziel dieses Kapitels ist die Darstellung der aktuellen Datenlage zu den Erscheinungsformen von Muslimfeindlichkeit in Deutschland und deren Entwicklung über die Zeit. Folgende Datenquellen werden betrachtet:
• Repräsentative Studien, die Hinweise liefern über das Ausmaß an muslimfeindlichen Einstellungen in der Bevölkerung, zeitliche Entwicklungen sowie Erklärungsfaktoren. Muslimfeindliche Einstellungen sind nicht gleichzusetzen mit diskriminierendem Verhalten, können sich im Alltag aber durchaus in Diskriminierung von Muslim*innen oder so wahrgenommenen Menschen äußern und bis hin zu Gewalt reichen (s. Kapitel 2). Repräsentative Studien bieten somit eine wichtige Grundlage zur Einschätzung des muslimfeindlichen Potenzials in der Gesamtgesellschaft.
• Die Kriminalitätsstatistiken, die islamfeindliche Straftaten seit 2017 gesondert erfassen.
• Dokumentationen von muslimfeindlichen Vorfällen seitens Antidiskriminierungsstellen, Beratungsorganisationen und anderen NGOs, die entweder eigene Dokumentationsstellen aufgebaut haben oder – wenn es sich um Beratungsstellen handelt – Fälle mit muslimfeindlichem Hintergrund gesondert erfassen.
Die Analyse der vorliegenden Daten macht gleichzeitig Lücken sichtbar, die die Einschätzung des tatsächlichen Ausmaßes an Muslimfeindlichkeit erschweren. Lücken resultieren einerseits aus der unzureichenden Erfassungspraxis im Rahmen der Kriminalitätsstatistik; die im Jahr 2017 eingeführte Erfassung islamfeindlicher Straftaten kann zwar als wichtiger Meilenstein bezeichnet werden, zeichnet aber noch ein unvollständiges Bild der tatsächlichen Fälle in Deutschland (zum Hellfeld vs. Dunkelfeld s. Unterkapitel 3.2.2). Andererseits ist die noch unzureichende Datenlage auf die geringe Meldebereitschaft seitens der Betroffenen zurückzuführen. Ohne Hinweise auf solche Vorfälle von den Betroffenen selbst kann nur schwer dagegen vorgegangen werden (s. a. Kapitel ↗ 4).
Muslimfeindlichkeit – Eine deutsche Bilanz
Bundesministerin des Innern und für Heimat
Heute | 1613 |
Insgesamt | 4689781 |
Am meisten | 42997 |
Durchschnitt | 1753 |