DER TAKFIR UND DESSEN RECHTSURTEILE

05-01-2020

AL-MUQAWAMA
- Der Widerstand -
 

Die Rechtsurteile des Takfirs

Unter unseren Projekt „Al-Muqawama“ werden wir drei wesentliche Hauptteile ansprechen:

  1. Die Rechtsurteile des Takfirs
  2. Das Ersuchen eines Urteil vom Taghut
  3. Das Urteil des Militärdienstes beim Taghut

In diesem Vortrag werden wir ein sehr wichtiges Thema ansprechen, und zwar die Anwendung bzw. die Rechtsurteile des Takfirs.

 

    1. Die Rechtsurteile des Takfirs

Um ein richtiges „TAkfir“ Verständnis zu erlangen, müssen alle Rechtslehren die damit in Zusammenhang stehen genauestens gekannt und verstanden werden. Ein falsches Verständnis kann dazu führen, diejenigen die wirklich Muslime sind als Ungläubige und diejenigen die wirklich Ungläubige sind als Gläubige anzunehmen. Daher sagen wir: „Der Takfir wird auf jene gemacht, denen es mit absoluter Gewissheit nach dem Islam gebührt!“.

 

Eine Angelegenheit, die mit Gewissheit (yaqin) existiert, kann nicht mit Zweifel (zan) aufgehoben werden!

Zu den Fundamenten unserer Religion gehört die Vorschrift:

اليقين لا يزول بالشك

„Eine Angelegenheit die mit Gewissheit existiert, kann nicht durch Zweifel behoben werden.“

Unsere Gelehrten titulieren diese Vorschrift terminologisch als „Qawaa'id Al-Fiqhiyya“ oder „Al-Qawaa'id Al-Kulliyya“. Diese Vorschrift spielt eine sehr wichtige und entschiedene Rolle, nicht nur in Fiqh sondern auch in allen anderen Angelegenheiten. D.h. Sowohl in Fiqh als auch in der Glaubenslehre ['aqida] hat man durch diese Vorschrift sehr viele Urteile entnommen.

 

Die Beweise für diese Vorschrift

Das Grundfundament dieser Vorschrift existiert in den Überlieferungen unseres Propheten (صلى الله عليه و سلم), vor allem die Überlieferung in Sahih Muslim, indem es heißt:

„Als der Prophet sich im Gebet befand, hat man sich über einen Mann beschwert, über den man vermutete, dass seine Gebetswaschung verloren sei.“

Daraufhin sagte der Prophet:

لَا يَنْفَتِلْ أَوْ لَا يَنْصَرِفْ حَتَّى يَسْمَعَ صَوْتًا أَوْ يَجِدَ رِيحًا

„So lange so eine Person weder ein Geräusch gehört noch ein Geruch wahrgenommen hat, kann er das Gebet nicht verlassen!“

 

Imam An-Nawawi sagte in seinem „Scharh“ zu dieser und ähnlichen Überlieferungen:

وَهَذَا الْحَدِيثُ أَصْلٌ مِنْ أصُولِ الْإِسْلَامِ وَقَاعِدَةٌ عَظِيمَةٌ مِنْ قَوَاعِدِ الْفِقْهِ وَهِيَ أَنَّ الْأَشْيَاءَ يُحْكَمُ بِبَقَائِهَا عَلَى أُصُولِهَا حَتَّى يُتَيَقَّنَ خِلَافُ ذَلِكَ وَلَا يَضُرُّ الشَّكُّ الطَّارِئُ عَلَيْهَا فَمِنْ ذَلِكَ مَسْأَلَةُ الْبَابِ الَّتِي وَرَدَ فِيهَا الْحَدِيثُ وَهِيَ أَنَّ مَنْ تَيَقَّنَ الطَّهَارَةَ وَشَكَّ فِي الْحَدَثِ حُكِمَ بِبَقَائِهِ عَلَى الطَّهَارَةِ

„Diese Überlieferung gehört zu den Fundamenten des Islam und zu den größten Vorschriften in Fiqh. Es ist so: Wenn eine Sache gegeben ist und man nichts Eindeutiges für das Gegenteil dieser Sache nachweisen kann, so gilt das Urteil, dass die Existenz dieser Sache weithin bestehen bleibt. Jede Bedenklichkeit die nach der (klaren) Existenz einer Sache gebildet wird, kann ihr nicht schaden. Das Gleiche entspricht der Angelegenheit dieser Überlieferung die wir unter diesem Kapitel behandelt haben. D.h. wer absolut daran glaubt, dass er die Gebetswaschung gemacht hat, doch eventuell Zweifel über die Gebetswaschung haben sollte, so gilt das Urteil, dass er rein ist (d.h. in einem reinen Zustand durch die Gebetswaschung im Gebet befindet).“

Die Überlieferungen die darüber berichten, dass die Gewissheit einer Sache nicht durch Zweifel aufgehoben werden kann, sind offenkundig und unmissverständlich. Und genau in diesem Rechtsurteil gilt ebenso die Regel, dass ein Muslim dessen „Islam“ mit Gewissheit gegeben ist, nicht durch Zweifel als Ungläubiger verurteilt werden kann.

 

    1. Der Takfir ist kein Phänomen sondern ein Schar'i Urteil

Viele Menschen in unserer Zeit halten den „Takfir“ als etwas völlig bedeutungsloses. Sie teilen sich in Übertreiber und Untertreiber auf. Dabei ist der „Takfir“ genauso ein Urteil wie die anderen Urteile in der Scharia, wie beispielsweise die Ehe, die Scheidung, die Freisprechung der Sklaven und ähnliche Angelegenheiten.

 Imam Taqiyyu Ad-Din As-Subki sagte in „Fatawa As-Subki“:

التكفير حكم شرعي سببه جحد الربوبية أو الوحدانية أو الرسالة أو قول أو فعل حكم الشارع بأنه كفر 

„Der Takfir ist ein Schar'i Urteil. Der Grund für den Takfir ist die Ablehnung der Herrlichkeit (rububiyya) und Einzigkeit (wahdaniyya) Allahs; die Ablehnung der Propheten oder die Durchführung von Wörtern und Taten die nach der Scharia Unglaube sind.“

Imam Al-Ghazzali erwähnte in seinem „Faysalu At-Tafrika“ dieselben Beispiele und sagte ebenso: „Der Takfir ist ein Schar'i-Urteil“

Bei den nächsten Abhandlungen ist zu erkennen, dass der Takfir nicht eine Angelegenheit ist, dessen Regeln unbekannt sind, sondern ein religiöses Urteil welches einen Halt von Allah und Seinen Gesandten besitzt.

 

  1. Ist die Umsetzung des Takfirs eine Krankheit?

Der Takfir unterteilt sich in zwei Arten:

  1. Positiv (ijabiyyun): Der positive Takfir ist keine Krankheit sondern eine Schar'i Gemäßigte Aufgabe, wenn für dessen Umsetzung, die Bedingungen erfüllt und die Hindernisse nicht gegeben sind.
  2. Negativ (salbiyyun): Der negative Takfir ist der unerlaubte „Takfir“ indem er umgesetzt wird, ohne die Bedingungen zu erfüllen und die Hindernisse in Betracht gezogen zu haben. Nun genau diese falsche Anwendung ist in der Tat eine Krankheit.

So wie der „Takfir“ tatsächlich zu etwas radikalem werden kann, so kann es tatsächlich eine Notwendigkeit für den Glauben sein. Diejenigen, die den Taghut beispielsweise nicht des Unglaubens bezichtigen, muss die Frage gestellt werden, mit welchen Beweisen oder rationalen Argumenten die solch ein Irrtum rechtfertigen. Schnell wird erkennbar, dass das nichts als leere Behauptungen sind. Denn in Wirklichkeit ist es eine Pflicht den „Takfir“ über den „Taghut“ zu betreiben, damit überhaupt der Glauben (Iman) verinnerlicht werden kann. Allah sagt im Koran:

لَا إِكْرَاهَ فِي الدِّينِ ۖ قَد تَّبَيَّنَ الرُّشْدُ مِنَ الْغَيِّ ۚ فَمَن يَكْفُرْ بِالطَّاغُوتِ وَيُؤْمِن بِاللَّـهِ فَقَدِ اسْتَمْسَكَ بِالْعُرْوَةِ الْوُثْقَىٰ لَا انفِصَامَ لَهَا ۗ

„Es gibt keinen Zwang im Glauben. Der richtige Weg ist nun klar erkennbar geworden gegenüber dem unrichtigen. Der also, der den Takfir auf die falsche Götter betreibt und den Glauben (Iman) an Allah verinnerlicht, so hat dieser gewiss den sichersten Halt ergriffen, bei dem es kein Zerreißen gibt. (…)“ (Der edle Koran 2:256)

 

In „Al-Musannaf“ von Ibn Abi Schayba ist folgendes überliefert wurden:

كَانَ عَلِيُّ بْنُ الْحُسَيْنِ يُعَلِّمُ وَلَدَهُ يَقُولُ قُلْ آمَنْت بِاَللَّهِ وَكَفَرْت بِالطَّاغُوتِ

Das was Zayn Al-Abidin von der Ahlu Bayt, seinem Kind als erstes beibrachte war: „Sprich: Ich glaube an Allah und betreibe den Takfir über den Taghut!“

Wie zu sehen ist, ist der Glaube desjenigen, der nicht den „Takfir“ über den „Taghut“ betreibt, somit ungültig. Allah sagt über unseren Propheten (صلى الله عليه و سلم):

لَّقَدْ كَانَ لَكُمْ فِي رَسُولِ اللَّـهِ أُسْوَةٌ حَسَنَةٌ

„Wahrlich, ihr habt an dem Gesandten Allahs ein schönes Vorbild! (…)“ (Der edle Koran 33:21)

 

Da der Prophet ein schönes Vorbild für uns ist, werden wir erkennen wie er den Takfir auf jene sprach, die es würdig waren. Sowohl er als auch seine Gefährten bzw. die Muslime die mit ihm waren, setzten den Befehl Allahs um, indem sie sagten:

قُلْ يَا أَيُّهَا الْكَافِرُونَ لَا أَعْبُدُ مَا تَعْبُدُونَ

„Sprich: O ihr Ungläubigen! Ich diene nicht dem, dem ihr dient!“ (Der edle Koran 109:1-2)

Allah befahl den Gesandten (صلى الله عليه و سلم) noch in Mekka die Muschrikun direkt als Ungläubige anzusprechen. In dem Vers wird ihm nämlich befohlen zu sagen „Oh ihr Ungläubigen“ und nicht „Oh ihr Mekkaner/Oh ihr Quraisch!“ Allah befiehlt im Vers „Sprich! (Qul)“, wie es in der Methode (usul) bekannt ist, übermittelt eine Befehlsform, sofern kein gegenteiliges Indiz (qarina) gegeben ist, eine Obligation (farz). Diese Regel wird in der Methodik (usul) wie folgt bezeichnet:

الْأَمْرَ لِلْوُجُوبِ ، مَا لَمْ يَصْرِفْ عَنْهُ صَارِفٌ

 

Gleichwohl wissen wir, dass wenn Allah unserem Propheten Befehle erteilt, indem Er ihn direkt anspricht, so gelten diese Befehle ebenso auch für die gesamte Ummah, sofern kein gegenteiliger Beweis vorhanden ist. Und diese Regel nennt man in der Methodik (usul):

الخطاب للنبي خطاب لأمة من بعده ما لم يخصصه مخصص شرعي

 

Demzufolge ist zu erkennen, dass die Anwendung des „Takfir“ über die Ungläubigen, die Umsetzung der Befehle unserer Religion beinhaltet. Im „Sirya“ von Ibn Ishak wurde verzeichnet, dass Abu Bakr As-Siddiq als er zum Islam konvertieren wollte, zum Propheten sagte:

„Oh Muhammad! Ist es wahr was die Quraisch sagen, dass du dich nämlich von unseren Göttern lossagst, die Schlauen unter uns als Dumm bezeichnest und den „Takfir“ über unsere Väter betreibst?“

Der Prophet gab zur Antwort: „Ja! Das ist wahr!“.

Daraus ist zu entnehmen, dass der „Takfir“ nicht im Allgemeinen oder im absoluten Sinne eine Krankheit seid, da andernfalls unser Prophet (صلى الله عليه و سلم) und alle anderen Propheten Opfer dieser Krankheit gewesen sein müssten. Solch ein Irrsinn kann selbstverständlich nicht angenommen werden. Deshalb ist es rechtens sowohl über den positiven als auch über den negativen Takfir zu berichten. Dabei gehen wir den Mittelweg und wollen weder zu den Übertreibern noch zu den Untertreibern gehören.

 

    1. Es wird kein Takfir über eine Sache gemacht, wobei Uneinigkeit (ikhtilaf) herrscht

Uneinigkeit ist ein göttliches Gebot, was sich im Wesen des Menschensohnes befindet. Der Mensch wurde mit einer Natur veranlagt, welche schon bei den kleinsten Angelegenheiten in Meinungsverschiedenheiten verfällt. Wichtig ist dabei, dass die Meinungsverschiedenheiten im Lichte der Scharia veranschaulicht werden. Die Meinungsverschiedenheiten unter Muslimen wird in zwei Arten geteilt; „kritisch“ (مذموم/madhmum) und „lobenswert“ (ممدوح/mamduh). Um es näher zu beschreiben:

  1. Die kritische Meinung wird noch einmal in zwei Kategorien aufgeteilt:
    1. Eine Meinung die die Bezugsperson vom Glauben ausschließt, wie beispielsweise zu glauben, dass der Koran verfälscht sei und ähnliches. Dies ist eine Meinung die sich gegen den Grundsatz des Glaubens stellt.
    2. Eine Meinung die die Bezugsperson nicht vom Glauben ausschließt, wie beispielsweise zu glauben, dass eine Sünden jene Person vom Glauben ausschließt. Das ist eine Meinung die sich nicht gegen den Grundsatz des Glaubens stellt.
  2. Die lobenswerte Meinung ist das Resultat der unterschiedlichen Auslegungen, hinsichtlich der Schar'i Beweise im Bereich von Fiqh und andere Bereiche. Einige Beispiele wären, wie oft bei der Gebetswaschung über den Kopf gestreichelt werden soll, wie lang die Scheidungszeit einer Frau beträgt und ähnliche Themen.

Folglich ist zu entnehmen, dass es verboten ist, den Takfir über eine Sache zu machen, welche unterschiedliche Meinungen aufweist und der Takfir über jene Person, die sich in einer Sache widersetzt, in dem ein absoluter Konsens herrscht, Pflicht ist. Demnach ist der „Takfir“ über eine Angelegenheit die Zweifelhaft (zan) ist, strengsten zu unterlassen. In dem Buch „Durr Al-Muhtar“ sagte Ibn 'Abidin:

 لَا يُفْتَى بِتَكْفِيرِ مُسْلِمٍ أَمْكَنَ حَمْلُ كَلَامِهِ عَلَى مَحْمَلٍ حَسَنٍ أَوْ كَانَ فِي كُفْرِهِ اخْتِلَافٌ وَلَوْ رِوَايَةً ضَعِيفَةً

„Auch wenn die Angelegenheiten worüber Meinungsverschiedenheiten herrschen, ordnungsgemäß ausgelegt werden oder sie Unglaube beinhalten sollten, selbst dann wenn eine schwache Überlieferung gegeben ist, so wird es als Inkorrekt bewertet, einen Muslim deshalb des Unglaubens zu bezichtigen!“

 

  1. Einen Ungläubigen zu verlassen ist noch vorrangiger als das Blut eines Muslims zu legitimieren

Dies ist ein sehr wichtiger Punkt. Tatsächlich ist es viel schlimmer einen Muwahhid, der den Glauben an Allah verinnerlicht hat, des Unglaubens zu bezichtigen und dadurch sein Blut zu legitimieren, als die Unterlassung der Todesstrafe an tausenden Ungläubigen. Der Prophet (صلى الله عليه و سلم) sagte, als er die Kaaba ansah:

مَا أَعْظَمَكِ وَأَعْظَمَ حُرْمَتَكِ , وَالَّذِي نَفْسُ مُحَمَّدٍ بِيَدِهِ , لَحُرْمَةُ الْمُؤْمِنِ أَعْظَمُ عِنْدَ اللَّهِ حُرْمَةً مِنْكِ مَالِهِ وَدَمِهِ وَأَنْ , نَظُنَّ بِهِ إِلَّا خَيْرًا

„Wie majestätisch du und deine Ehrfurcht doch seid. Doch ich schwöre auf Den, in dessen Macht die Seele Muhammeds ist: Bei Allah ist die Ehrfurcht eines Muslims der den Iman verinnerlicht hat noch hochrangiger als deine. (Denn über den Muslim sind drei Sachen Verboten) Sein Blut, sein Besitz und das schlechte Denken über ihn!“

 

In Kanz Al-Ummal wurde überliefert, dass Ibn 'Umar zu der Kaaba sagte:

لقد شرفك الله وعظيمك والمؤمن أعظم حرمة منك

„Oh Kaaba! Ich schwöre dass Allah dir eine Ehrenhaftigkeit und hohen Rang beschert hat. Ein Muslim jedoch hat bei Allah eine größere Ehefurcht als du!“

 

Ibn Hajar überlieferte in seinem „Fath Al-Bari“, dass Imam Al-Ghazzali in seinem „At-Tafriqa bayna Al-Iman wa Az-Zanadiqa“ folgendes sagte:

„So lange es einen Weg gibt, gilt die Tatsache sich davor zu enthalten, die Muslime zu Ungläubigen zu erklären. Es ist ein Fehler das Blut derjenigen, die den Tauhid akzeptiert und die Gebete verrichtet haben, zu legitimieren. Der Fehler (zum Beispiel) hundert Ungläubige (wenn sie rechtlich und gerichtlich verurteilt werden sollten) am Leben zu lassen ist geringer als wie der Fehler das Blut eines Muslims zu legitimieren (bzw. seine Hinrichtung zu erlauben).“

 

Wenn ein Muslim unrechtmäßig zu einem Ungläubigen verurteilt wird, wird gleichzeitig dem Isam gewährt, all seine Rechte nicht mehr zu bewahren. Dies wiederum würde dazu führen, dass sämtliche Liebe, Sympathie und Gemeinsamkeit annulliert werden. Der Gesandte Allahs sagte:

إِذَا قَالَ الرَّجُلُ لِأَخِيهِ يَا كَافِرُ ، فَهُوَ كَقَتْلِهِ

„Wenn jemand zu seinem Bruder (in der Religion) „Oh du Ungläubiger“ (unrechtmäßig) gesagt hat, dann ist es so, als hätte er ihn getötet!“ (Mu'jam Al-Kabir)

 

Um den Mittelweg zu beschreiten ohne dabei zu Unter- oder Übertreiben, muss geschaut werden ob es einen Weg in der Basis der Scharia gibt zu vergeben, denn das ist noch vorrangiger. Wenn die Vergebung ein Fehler sein sollte, so ist dieser Fehler noch viel geringer als der Fehler zu bestrafen. Zudem muss ein Muslim bezüglich den Muwaẖhidun und ihren Fehltritten mit Nachsicht und Vernunft entgegenkommen, falls ein Urteil über sie gegeben werden soll. Der Gesandte Allahs (صلى الله عليه و سلم) sagte:

التَّأَنِّي مِنَ اللَّهِ وَالْعَجَلَةُ مِنَ الشَّيْطَانِ

„Das Agieren mit Nachsicht und Vernunft kommt von Allah; das Agieren mit Eile kommt vom Teufel!“ (Sunan At-Tirmidhi)

 

  1. Die Arten und Gründe des Kufrs (Unglaubens)

Um einen angemessenen Umgang mit den „Takfir“ zu haben, muss erst einmal verstanden werden, welche Arten und Gründe es für den Unglauben (kufr) vorhanden sind. Das ist ein Streitthema welches zwischen der Ahlu Sunna und der Murjia heute noch präsent ist. Die Ahlu Sunna vertritt die Lehre, dass die Gründe und verschiedene Arten des Kufrs, aus Worten und Taten bestehen, wogegen die Murjia die Meinung vertreten, dass es lediglich die Absicht bzw. auf das Herz des Menschen zurückzuführen sei. Vorerst müssen wir die eigentliche Bedeutung des „Kufr“ verstehen. Sprachlich bedeutet „Kufr“ etwas bedecken und verheimlichen. Ein Bauer beispielsweise wird als „Kafir“ bezeichnet, weil er die Saat mit Erde bedeckt, die Nacht, das Grab ebenfalls. Sie werden als „Kafir“ bezeichnet, weil sie eine Sache bedecken. So sagt Allah:

وَالْأَوْلَادِ كَمَثَلِ غَيْثٍ أَعْجَبَ الْكُفَّارَ نَبَاتُهُ

„Es gleicht dem reichlichen Regen, dessen Pflanzenwuchs den Säern (al-kuffar) gefällt.“ (Der edle Koran 57:20)

 

Die Stelle „al-kuffar“ (plural von Kafir) beschreibt den Säer der sein Feld mit Saat bedeckt. Fachlich bedeutet „Kufr“, ein Glaube, Wort oder Tat welche den „Iman“ widersprechen. Der Glaube und der Unglaube sind sich widersprüchlich, wobei ihre Einigung niemals möglich ist. Es bedingt nämlich, dass wenn das eine gegeben ist, verschwindet dann das andere. Und es gehört zu einem rationalen Verständnis, dass zwei Gegensätze sich nicht einigen können. Zu der fachlichen Bedeutung des Wortes „Kufr“ sagte Ibn Al-Manzur in seinem Sprachwerk:

كفر : الْكُفْرُ : نَقِيضُ الْإِيمَانِ ، آمَنَّا بِاللَّهِ وَكَفَرْنَا بِالطَّاغُوتِ

„Al-Kufr ist das Gegenteil von Iman. Wir haben den Iman an Allah gemacht und wir betreiben den Takfir auf den Taghut.“ (Lisan Al-'Arab)

Des Weiteren gibt es zwei Arten von Kufr. Der große Kufr, welcher aus dem Glauben bringt und ewig in Höllenfeuer verweilen lässt. Der kleinen Kufr, welcher nicht aus dem Glauben bringt und nicht zwangsläufig in das Höllenfeuer eingehen lässt, es sei denn Allah will es. Gleichwohl kann jener, nachdem er im Höllenfeuer war, das Höllenfeuer verlassen und dann das Paradies betreten, wenn Allah es will. Im Folgenden ist ausschließlich der große Kufr beschrieben:

 

  1. Kufru At-Takzib (der Unglaube beim Lügen):

Diese Art von Kufr wird begangen, wenn das Gegenteil vertreten wird, was Allah als Botschaft übermittelt hat. Allah berichtet beispielsweise von einem Leben nach dem Tode. Sollte einer kommen und sagen „Nein so etwas wie ein Leben nach dem Tode gibt es nicht“, hat somit diese Botschaft der Lüge bezichtigt. Daher auch die Betitelung „der Unglaube beim Lügen“. Ein Beweis dafür ist die Aussage von Allah:

وَمَنْ أَظْلَمُ مِمَّنِ افْتَرَىٰ عَلَى اللَّـهِ كَذِبًا أَوْ كَذَّبَ بِالْحَقِّ لَمَّا جَاءَهُ ۚ

„Und wer ist ungerechter als jener, der eine Lüge gegen Allah erdichtet oder die Wahrheit verwirft, wenn sie zu ihm kommt? (…)“ (Der edle Koran 29:68)

 

  1. Kufru Al-Istikbar (der Unglaube beim Hochmut):

Diese Art von Kufr wird begangen, wenn eine Person weiß, dass das was Allah und Sein Gesandter (صلى الله عليه و سلم) übermittelt haben, wahr ist, jedoch wegen seinen Hochmut es nicht anerkennt bzw. akzeptiert. Allah sagt im edlen Koran:

قَالُوا أَنُؤْمِنُ لَكَ وَاتَّبَعَكَ الْأَرْذَلُونَ ﴿١١١﴾

„Sie sagten: Sollen wir dir glauben, wo es (doch nur) die Niedrigsten sind, die dir folgen?“ (Der edle Koran 26:111)

 

  1. Kufru Schakk wa Rayb (der Unglaube beim Bedenken und Zweifeln):

Diese Art von Kufr wird begangen, wenn eine Person Bedenken bzw. Zweifel über das was Allah und Sein Gesandter (صلى الله عليه و سلم) übermittelt haben hat. Allah berichtete über solch eine Person:

وَدَخَلَ جَنَّتَهُ وَهُوَ ظَالِمٌ لِّنَفْسِهِ قَالَ مَا أَظُنُّ أَن تَبِيدَ هَـٰذِهِ أَبَدًا ﴿٣٥﴾ وَمَا أَظُنُّ السَّاعَةَ قَائِمَةً وَلَئِن رُّدِدتُّ إِلَىٰ رَبِّي لَأَجِدَنَّ خَيْرًا مِّنْهَا مُنقَلَبًا ﴿٣٦﴾

„Und er betrat seinen Garten, während er sündig gegen sich selbst war. Er sagte: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass dieser je zugrunde gehen wird noch glaube ich, dass die Stunde heraufkommen wird. Selbst wenn ich zu meinem Herrn zurückgebracht werde, so werde ich ganz gewiss einen besseren Aufenthalt als diesen finden. "“ (Der edle Koran 18:35-36)

 

  1. Kufru Al-I'rad (der Unglaube beim Abwenden):

Diese Art von Kufr wird begangen, wenn die Wahrheit als kleingläubig oder Frugal angesehen wird, die Wahrheit nicht erlernt wird und somit die entsprechenden Taten nicht umgesetzt werden. Es wird sich von der Wahrheit abgewendet statt sich zu unterwerfen. Das Abwenden kann in drei Arten unterteilt werden:

    1. Mit dem Herzen abwenden!
    2. Mit den Worten abwenden!
    3. Mit dem Verhalten abwenden!

Allah sagt im heiligen Koran:

وَالَّذِينَ كَفَرُوا عَمَّا أُنذِرُوا مُعْرِضُونَ ﴿٣﴾

„(…) Diejenigen aber, die nicht daran glauben, wovor sie gewarnt wurden, wenden sich ab.“ (Der edle Koran 46:3)

Wenn eine Person der Meinung ist, dem nicht zu gehorchen, was Allah und Sein Gesandter übermittelt haben, keinen Bedarf daran zu haben, oder in dem Moment weghört, sich abwendet, verfällt aufgrund der Desinteresse bzw. des Abwendens in den Unglauben/Kufr.

 

  1. Kufru An-Nifaq (Der Unglaube beim Heucheln):

Diese Art von Kufr wird begangen, wenn der Islam mit dem Herzen abgelehnt wird aber das äußerliche wie ein Muslim präsentiert wird. Allah sagt:

وَمِنَ النَّاسِ مَن يَقُولُ آمَنَّا بِاللَّـهِ وَبِالْيَوْمِ الْآخِرِ وَمَا هُم بِمُؤْمِنِينَ ﴿٨﴾

„Und manche Menschen sagen: "Wir glauben an Allah und an den Jüngsten Tag", doch sind sie nicht gläubig.“ (Der edle Koran 2:8)

 

  1. Kufru At-Taqlid (der Unglaube beim Blindfolgen):

Diese Art von Kufr wird begangen, wenn dem Unglauben anderer Blindbefolgt wird. Allah sagt:

وَقَالُوا رَبَّنَا إِنَّا أَطَعْنَا سَادَتَنَا وَكُبَرَاءَنَا فَأَضَلُّونَا السَّبِيلَا ﴿٦٧﴾

„Und sie werden sagen: "Unser Herr, gewiss, wir haben unseren Herrschern und unseren Großen gehorcht, und da haben sie uns vom Weg abirren lassen.“ (Der edle Koran 33:67)

 

  1. Kufru As-Sabb wa Al-Istihza (der Unglaube beim Fluchen und lustig machen):

Diese Art von Kufr wird begangen, indem sich über die islamischen Angelegenheiten lustig gemacht wird. Sei es aus Wut, aus Spaß oder Drumherum. Allah sagt diesbezüglich:

وَلَئِن سَأَلْتَهُمْ لَيَقُولُنَّ إِنَّمَا كُنَّا نَخُوضُ وَنَلْعَبُ ۚ قُلْ أَبِاللَّـهِ وَآيَاتِهِ وَرَسُولِهِ كُنتُمْ تَسْتَهْزِئُونَ ﴿٦٥﴾ لَا تَعْتَذِرُوا قَدْ كَفَرْتُم بَعْدَ إِيمَانِكُمْ ۚ

„Und wenn du sie fragst, so werden sie gewiss sagen: "Wir plauderten nur und scherzten." Sprich: "Habt ihr euch etwa über Allah und Seine Zeichen und Seinen Gesandten lustig gemacht? Entschuldigt euch nicht! Ihr seid ja ungläubig geworden, nachdem ihr den Glauben (angenommen) hattet. (…)“ (Der edle Koran 9:65-66)

 

  1. Kufru Al-Bughd (der Unglaube beim Hass):

Diese Art von Kufr wird begangen, wenn kein gefallen an die Rechtsurteile des Islams empfunden wird oder an das was Allah hinabgesandt hat. Statt gefallen, Hass empfunden wird. Allah sagt im heiligen Koran:

ذَٰلِكَ بِأَنَّهُمْ كَرِهُوا مَا أَنزَلَ اللَّـهُ فَأَحْبَطَ أَعْمَالَهُمْ ﴿٩﴾

„Dies (ist so), weil sie das hassen, was Allah herabgesandt hat; so macht Er ihre Werke zunichte.“ (Der edle Koran 47:9)

 

Das waren im Großen und Ganzen die Angelegenheiten welche den großen Unglauben betreffen. Nun kommen wir zu den Bedingungen des „Takfirs“!

 

  1. Die Hauptteile für die Bedingungen des Takfirs

Die Gelehrten haben die Bedingungen des „Takfirs“ in drei Hauptteile aufgeteilt:

  1. Erster Teil: Eine Person muss drei Bedingungen erfüllen, damit der „Takfir“ über ihn gemacht werden kann:
    1. Der Täter muss bei klarem und gesundem Verstand sein!
    2. Der Täter muss vorsätzlich und wissentlich eine Tat begehen!
    3. Der Täter muss die Tat freiwillig begangen haben!

 

  1. Zweiter Teil: Die Bedingungen einer Tat, welche Grund für ein Urteil des „Takfirs“ ist. Und das sind zwei Aspekte:
    1. Der Unglaube einer Tat oder einiger Wörter des Verpflichtenden muss unangefochten und rechtskräftig sein (mukallaf: jemand der die Reife erreicht hat um die religiösen Verpflichtungen umsetzen zu können).
    2. Die Schar'i Beweise müssen um die begangene Tat als Ungläubig zu verurteilen, ebenso unangefochten und rechtskräftig sein.

Wenn die verpflichtende Person ein Wort ausspricht oder eine Tat begeht dessen Unglaube nicht unangefochten ist, dann sind die Bedingungen somit nicht gegeben und solch eine Person darf auf keinen Fall als Ungläubig verurteilt/angesehen werden. Sollte eine Person beispielsweise folgendes sagen „Oh Muhammed, du Verräter!“, so kann das Urteil des Unglaubens nicht gegeben werden, weil nicht klar ist, welchen Muhammed er damit meint. Es muss nicht unbedingt der Prophet damit gemeint sein, vielleicht meinte er damit einen Freund/Verwandten/Familienmitglied, der auch diesen Namen trägt. Deshalb wird ein Verfahren eröffnet, indem er zur Rede gestellt wird. Sollte er jedoch sagen, dass er damit den Gesandten Allahs (صلى الله عليه و سلم) meint, dann ist er zweifelsohne ein Ungläubiger geworden. Wenn er aber eine andere Person damit ansprach, dann treten nur Zweifel (zan) auf, wobei kein Takfir gemacht werden darf.

Sollte die verpflichtende Person eine falsche Tat begangen haben, müssen die Beweise für dessen Unglaube ebenso unangefochten sein, um die Tat als Ungläubig verurteilen zu können. Falls aber jemand eine falsche Tat begangen hat, dessen Unglaube nicht unangefochten ist, dann kann diese Person nicht des Unglaubens bezichtigt werden. Beispiel: wird eine Person zu einem Ungläubigen, der die Gebete nicht verrichtet!? Auch in dem Fall wird eine Verhandlung eröffnet, indem er zur Rede gestellt wird und ausgefragt wird. Angenommen er betet nicht, weil er die Verpflichtung des Gebets nicht anerkennt, so ist dies ein klarer und unangefochtener Beweise seines Unglaubens. Denn der Gesandte Allahs (صلى الله عليه و سلم) sagte:

 لا سَهْمَ فِي الإِسْلامِ لِمَنْ لا صَلاةَ لَهُ

„Wer kein Gebet hat, der hat keinen Teil vom Islam!“ (Fath Al-Bari, Ibn Hajar)

 

 بَيْنَ الرَّجُلِ وَبَيْنَ الشِّرْكِ وَالْكُفْرِ تَرْكُ الصَّلَاةِ

„Zwischen einer Person und dem Schirk und Kufr, liegt das Verlassen des Gebets!“ (Sahih Muslim)

 

Insofern er das Gebet aus Faulheit nicht verrichtet, kann seine Tat nicht als Unglaube verurteilt werden, da der Gesandte Allahs folgendes sagt, was Mutawatir überliefert wurde:

مَنْ قَالَ لَا إِلَهَ إِلَّا اللَّهُ دَخَلَ الْجَنَّةَ

„Wer bezeugt, dass es keinen Gott gibt außer Allah, wird das Paradies betreten!“ (In fast allen Hadith-Büchern zu finden)

 

Allah der Erhabene sagt:

إِنَّ اللَّـهَ لَا يَغْفِرُ أَن يُشْرَكَ بِهِ وَيَغْفِرُ مَا دُونَ ذَٰلِكَ لِمَن يَشَاءُ ۚ

„Allah vergibt gewiss nicht, dass man Ihm (etwas) beigesellt. Doch was außer diesem ist, vergibt Er, wem Er will. (…)“ (Der edle Koran 4:48)

 

In einer anderen Überlieferung, welche Ibn Hajar in seinem „Fath Al-Bari“ erwähnt hat und von Ibn Hibban und Ibn As-Sakkan und anderen Hadith-Gelehrten authentisch eingestuft wurde, sagte der Prophet (صلى الله عليه و سلم):

 خَمْسُ صَلَوَاتٍ كَتَبَهُنَّ اللَّهُ عَلَى الْعِبَادِ

„Fünf Gebete hat Allah für die Diener als Pflicht auferlegt!“

وَمَنْ لَمْ يَأْتِ بِهِنَّ فَلَيْسَ لَهُ عِنْدَ اللَّهِ عَهْدٌ ، إِنْ شَاءَ عَذَّبَهُ وَإِنْ شَاءَ أَدْخَلَهُ الْجَنَّةَ

„Derjenige der diese Gebete nicht verrichtet, hat zu Allah keine Verbindung mehr. Wenn Allah will vergibt Er ihm, wenn Er will bestraft Er ihn und gewehrt ihm am Schluss das Paradies!“ (Fath Al-Bari, Ibn Hajar)

 

Dass der Gesandte Allah (صلى الله عليه و سلم) die Vergebung Allahs und das Betreten des Paradieses für denjenigen der nicht betet in Erwägung zog, zeigt, dass solch eine Person nicht zwangsläufig zum Ungläubigen wird, da Ungläubige von Allah weder vergeben noch das Paradies betreten werden. Daraus ist zu erkennen, dass solch eine falsche Tat, welche aus Faulheit nicht verrichtet wurde, nicht unangefochten ist um sie als Ungläubig verurteilen zu können.

 

  1. Dritter Teil: In diesem Teil geht es um die Bedingungen die vorhanden sein müssen, um die betroffene Tat einer verpflichtenden Person zu unterstellen. Das funktioniert nicht durch Zweifel, Vermutung oder Verdacht. Ganz im Gegenteil, es funktioniert nur mit einem richtigen und unangefochtenen Weg um ein Schar'i Urteil geben zu können. Diese wären:
    1. Die Person welche die Tat begangen hat, muss es zugeben,

Falls die Person seine Schuld oder Tat zugibt, ist dies ein sehr starker Beweis in der Scharia. Sollte die Person bezüglich seiner begangenen Tat gesteht, indem er sagt „Ja! Ich habe es getan!“, dann sind keine weiteren Beweise mehr nötig und das Strafrecht wird angewandt. D.h. die Person muss die begangene ungläubige Tat gestehen. Gesteht er, wird über ihn das Takfir-Recht angewendet. Gesteht er jedoch nicht, ist er so lange unschuldig, bis die Schuld bewiesen wurde.

    1. zwei Zeugen müssen vorhanden sein die das bestätigen

Angenommen zwei GERECHTE Zeugen bezeugen und bestätigen die Tat der Bezugsperson, dann ist das Urteil über ihn rechtskräftig.

Ibn Al-Manzur sagte in seinem „Kitab Al-'Ijma'“:

„Die Leute des Wissens haben sich darin geeinigt, dass beim Thema „Abtrünnigkeit“ zwei Zeugen gegeben sein müssen.“

 

Ibn Qudama sagte:

„Die überwiegende Mehrheit der Gelehrten vertreten die Meinung, dass bezüglich der Abtrünnigkeit einer Person, zwei GERECHTE Zeugen vorhanden sein müssen, die seine Abtrünnigkeit bestätigen können. Imam Malik, Awza‘i, Schafii und die Ahlu Ray' (d.h. die Ahnaf) vertreten genau diese Meinung. Ibn Al-Manzur meinte, dass abgesehen von Hassan Al-Basri, keiner dieser Meinung widersprochen hat. Denn Hassan Al-Basri vertrat die Meinung, dass bei der Todesstrafe vier Zeugen vorhanden sein müssen und nicht weniger.“

 

Die Zeugen müssen vier Bedingungen erfüllen:

    1. Sie müssen Muslime sein!
    2. Sie müssen die Reife [Pubertät] erreicht haben!
    3. Sie müssen bei klarem Verstand sein!
    4. Sie müssen gerecht sein!

Sollte auch nur eine Bedingung nicht vorhanden sein beim Zeugen, so wird er nicht als Zeuge akzeptiert und seien Zeugenschaft ist ungültig.

 

  1. Der allgemeine (umum) und spezielle (mu'ayyan) Takfīr

Es gibt zwei Arten von Takfir;

  1. Der Allgemeine „Takfir“: Hierbei wird im Allgemeinen über die gesprochenen Wörter oder die begangenen Taten geurteilt. Wenn zum Beispiel gesagt wird: „Dieser Satz ist Unglaube (Kufr), diese Tat ist Unglaube (Kufr), wer das sagt bzw. ausführt ist ein Ungläubiger (Kafir)“. Der allgemeine „Takfir“ wird somit nicht auf einer Person sondern wegen der Begründung gemacht.
  2. Der spezielle „Takfir“: Hierbei handelt es sich um den direkten Takfir über die Bezugsperson. Es wird dabei nicht die Tat ins Visier genommen sondern der Täter an sich. Wie beispielsweise gesagt wird: „Die Person X und Y ist ein Ungläubiger (kafir)!“.

 

Die Beweise für diese zwei „Takfir-Arten“ sind folgende:

Der Gesandte Allahs (صلى الله عليه و سلم) berichtete: „Jibril (a.s) kam zu mir und sagte:

يَا مُحَمَّدُ ، إِنَّ اللَّهَ عَزَّ وَجَلَّ لَعَنَ الْخَمْرَ ، وَعَاصِرَهَا ، وَمُعْتَصِرَهَا ، وَشَارِبَهَا ، وَحَامِلَهَا ، وَالْمَحْمُولَةَ إِلَيْهِ ، وَبَائِعَهَا ، وَمُبْتَاعَهَا ، وَسَاقِيَهَا ، وَمُسْقِيَهَا

„Oh Muhammad! Wahrlich Allah hat verflucht: Den Alkohol, denjenigen der es herstellt, denjenigen der es herstellen lässt, denjenigen der es transportiert, denjenigen der es transportieren lässt, denjenigen der es verkauft, denjenigen der es kauft, denjenigen der es verbreitet, denjenigen der es verbreiten möchte!“ (Sunan At-Tirmidhi)

Diese Überlieferung zeigt, dass im Allgemeinen jener Verflucht ist, der Alkohol trinkt oder Grund für das Trinken von Alkohol ist. Somit kann gesagt werden: „Wer Alkohol trinken sollte ist ein von Allah Verfluchter!“. Obwohl gemäß dieser Überlieferung eine allgemeine Verfluchung ersichtlich ist, wird dennoch in Sahih Bukhari folgendes Überliefert:

„Zu der Zeit des Propheten gab es einen Mann namens 'Abdullah. Die Leute nannten ihn immer „Alkoholiker“, weil er sehr viel Alkohol konsumierte. Und Abdullah war jemand gewesen, der den Propheten gerne unterhalten hat und ihn immer dazu brachte zu lachen, so dass der Prophet mit dieser Unterhaltung fröhlich und glücklich war. Der Prophet gab ihm eine Disziplinarmaßnahme und lies ihn auspeitschen weil er Alkohol trank. Eines Tages brachte man ihn wieder zum Propheten, weil er erneut Alkohol getrunken hatte. Darauf befahl der Prophet wieder ihn eine Disziplinarmaßnahme mit dem Stock zu geben. Daraufhin sagte einer aus der Menge:

اللَّهُمَّ الْعَنْهُ مَا أَكْثَرَ مَا يُؤْتَى بِهِ

„Oh Allah verfluch diesen Mann! Er wurde oft wegen Alkoholkonsums zum Propheten gebracht!“

Daraufhin sagte der Prophet:

 لَا تَلْعَنُوهُ فَوَاللَّهِ مَا عَلِمْتُ إِنَّهُ يُحِبُّ اللَّهَ وَرَسُولَهُ

„Verflucht ihn nicht! Bei Allah ich weiß dass dieser Mann, Allah und Seinen Gesandten liebt!“ (Sahih Muslim)

Aus der Überlieferung ist zu entnehmen, dass 'Abdullah von den Propheten nicht verflucht wurde. Er (صلى الله عليه و سلم) hinderte sogar die anderen daran ihn zu verfluchen, obwohl es in vorheriger Überlieferung hieß, dass allgemein jeder, der mit Alkohol zu tun hat verflucht sei. Man bedenke, dass der Gesandte Allahs heftigere Aussagen über Alkoholtrinker tätigte:

شَارِبُ الْخَمْرِ كَعَابِدِ الْوَثَنِ

„Derjenige der Alkohol trinkt, ist wie jemand, der die Götzen angebetet hat!“ (Al-Bazzar)

Weder diese Überlieferung noch die vorherige konnte speziell an 'Abdullah angewendet werden. Der Prophet (صلى الله عليه و سلم) hinderte dies und nannte auch die Begründung dafür, indem er sagte: „Er liebt Allah und Seinen Gesandten!“. Das war das aller größte an guten Dingen die 'Abdullah besaß. Wie bekannt ist bedecken die guten Dinge die schlechten Dinge. Wäre dieses Hindernis nicht gegeben, so wäre es berechtigt, ihn speziell zu verfluchen.

 

Folgende Regel ist daraus zu entnehmen:

Der allgemeine „Takfir“ benötigt nicht immer den speziellen „Takfir“. Aufgepasst! Wir sagen nicht „der allgemeine Takfir benötigt NIE den speziellen Takfir“ wie das die Untertreiber sagen. Wir sagen auch nicht „der Allgemeine Takfir benötigt immer den speziellen Takfir“ wie die Übertreiber das sagen. Wir sagen: In bestimmten Fällen benötigt der allgemeine „Takfir“ nicht den speziellen „Takfir“ und in anderen Fällen benötigt er doch den speziellen Takfir. Damit haben wir einen Mittelweg eingeschlagen. Die Beweise, dass in einigen Fällen der spezielle Takfir angewendet wird, sind folgende:

  1. Al-Marwazi überlieferte in seinem „Kitab Al-Qasas“:

„Einmal wurde Imam Ahmad Ibn Hanbal erzählt, wie ein Mann sagte: „Der Koran ist erschaffen und wer das Gegenteil behaupten sollte ist ein Ungläubiger!“

Daraufhin sagte Imam Ahmad:

بل هو الكافر قاتله الله

Ganz im Gegenteil! Dieser Mann ist in Wirklichkeit ein Ungläubiger und möge Allah ihn vernichten!“

 

  1. Imam Adh-Dhahabi überlieferte in seinem „Tarikh Al-Islam“:

„Zwei Männer kamen zu Imam Ahmad und er fragte sie:

ماذا تقول في علم الله؟

„Was sagst du über Allahs Wissen?“

Der Mann sagte:

علم الله مخلوق

„Allahs Wissen ist erschaffen!“

Daraufhin sagte Imam Ahmad:

فقلت له : كفرت

„Du bist ein Ungläubiger (Kafir)!“

 

  1. Al-Lalkaa'i überlieferte in seinem „Usul Al-I'tiqat“:

„Einmal sagte ein Mann in der Anwesenheit von Imam Schafii, dass der Koran erschaffen ist. Daraufhin sagte Schafii zu ihm:

كفرت بالله العظيم

„Du bist bei Allah den Hocherhabenen, ein Ungläubiger (Kafir) geworden!“

 

  1. Es diskutierten Schaykh Abu Bakr Ahmad Ibn Ishaq Ibn Ayyub mit einem Mann.

Der Schaykh sagte zu ihm: „Uns wurde überliefert“ und erwähnte dann eine Überlieferung.

Darauf sagte sein Kontrahent:

دعنا من حديثنا ، إلى متى حدثنا

„Hör auf mit diesem „Uns wurde überliefert“! Bis wohin willst du das aufsagen?“

Daraufhin sagte der Schaykh zu ihm:

قو يا كافر فلا يحل لك أن تدخل داري بعد هذا أبدا

„Steh auf, oh du Ungläubiger (Kafir)! Von nun an ist es dir für immer verboten mein Haus zu betreten!“

 

  1. Imam Al-Ghazali betrieb über den Philosophen Ibn Sina den Takfir. Das war sehr bekannt und sehr berühmt.

 

  1. Ibn Hajar Al-'Asqalani sagte in seinem „Lisan Al-Mizan“:

وقد كنت سألت شيخنا الحافظ سراج الدين البلقيني الشافعي ، عن ابن عربي ، فبادر بالجواب : إنه كافر

„Ich habe unseren Schaykh Siraj Ad-Din Al-Balqi Schafii über Ibn 'Arabi befragt und er hat ohne zu zögern gesagt: "Er ist ein Kafir!"“

 

Daraus ist zu sehen, dass es in einigen Fällen, sobald alle Regeln und Bedingungen beachtet werden, der spezielle Takfir sehr wohl angewendet werden darf.

 

    1. Die Bedingungen für den speziellen Takfir

Um über eine Person den speziellen Takfir zu betreiben, müssen folgende Bedingungen beachtet werden:

  1. Sämtliche Hindernisse für den speziellen Takfir müssen aufgehoben sein.
  2. Es muss ein Verfahren eröffnet werden, welches keinen Raum für Vermutungen freilässt.
  3. Die Beweise müssen die Person erreicht haben (iqamat al-hujjah), sonst entschuldigt ihn seine Unwissenheit und das wird zum Hindernis.

Es gibt sowohl Über- als auch Untertreiber bezüglich der Beweise, die jene Person erreichen müssten, da er sonst aufgrund seiner Unwissenheit entschuldigt sei. Der Übertreiber vertritt die Meinung, dass die Unwissenheit einer Person absolut in keinerlei eine Entschuldigung darstellt. Der Untertreiber ist der Meinung, dass die Unwissenheit absolut in allen Hinsichten eine Entschuldigung darstellt. Wir, die den Mittelweg eingeschlagen haben, vertreten die Meinung, dass es Bereiche gibt, in denen die Unwissenheit eine Entschuldigung darstellt und dann gibt es wiederum Bereiche, in denen die Unwissenheit keine Entschuldigung darstellt. Diese Bereiche unterteilen sich in zwei:

  1. Schar'i (Rechtsangelegenheiten)
  2. Fitri (Veranlagte Angelegenheiten)

In Rechtsangelegenheiten ist die Bezugsperson ohne jeden Zweifel entschuldigt. In den veranlagten Angelegenheiten ist die Person in keinster Weise entschuldigt, wie beispielsweise bei dem Glauben, dass Allah existiert und es neben Ihm keinen weiteren Gott gibt. Weil dieser Glaube in der Veranlagung des Menschen liegt, benötigt er keine Beweise um das zu erkennen. Daher ist seine Unwissenheit in dieser Angelegenheit keine Entschuldigung. Die Beweise dazu:

Allah sagt im edlen Koran:

وَإِذْ أَخَذَ رَبُّكَ مِن بَنِي آدَمَ مِن ظُهُورِهِمْ ذُرِّيَّتَهُمْ وَأَشْهَدَهُمْ عَلَىٰ أَنفُسِهِمْ أَلَسْتُ بِرَبِّكُمْ ۖ قَالُوا بَلَىٰ ۛ شَهِدْنَا ۛ أَن تَقُولُوا يَوْمَ الْقِيَامَةِ إِنَّا كُنَّا عَنْ هَـٰذَا غَافِلِينَ ﴿١٧٢﴾

„Und als dein Herr aus den Kindern Adams - aus ihren Lenden ihre Nachkommenschaft hervorbrachte und sie zu Zeugen gegen Sich selbst machte (, indem Er sprach): "Bin Ich nicht euer Herr?", sagten sie: "Doch, wir bezeugen es." (Dies ist so,) damit ihr nicht am Tage der Auferstehung sprecht: "Siehe, wir wussten nichts davon."“ (Der edle Koran 7:172)

 

Aus dem Vers ist zu entnehmen, dass eine Person aufgrund seiner Unwissenheit bezüglich Allah, nicht entschuldigt ist. Für die Erkenntnis Allahs sind keine Beweise nötig, da der Mensch dies als Veranlagung erhielt.

 

Abu Hanifa sagte:

 لا عذر لأحد في الجهل بخالقه لما يري من خلق السموات والأرض وخلق نفسه

„Es ist für denjenigen keine Entschuldigung an die Existenz Allahs nicht zu glauben, wenn er doch die Schöpfung von Himmel und Erde und sein eigenes Dasein sieht!“ (Scharh Al-Fiqh Al-Akbar, Aliyy Al-Qari)

 

Die Beweise für diese Aussage von Abu Hanifa sind die folgenden Verse:

أَفِي اللَّـهِ شَكٌّ فَاطِرِ السَّمَاوَاتِ وَالْأَرْضِ ۖ

„(…) Existiert etwa ein Zweifel über Allah, den Schöpfer der Himmel und der Erde? (…)“ (Der edle Koran 14:10)

وَلَئِن سَأَلْتَهُم مَّنْ خَلَقَ السَّمَاوَاتِ وَالْأَرْضَ لَيَقُولُنَّ اللَّـهُ ۚ

„Und wenn du sie fragst: "Wer schuf die Himmel und die Erde?" dann werden sie gewiss sagen: "Allah." (…)“ (Der edle Koran 31:25)

 

Ibn 'Abd Al-Barr erwähnte in seinem „At-Tamhid“, dass 'Abdullah Ibn 'Abbas, 'Abdullah Ibn Mas'ud und viele andere Sahaba sagten:

فَلَيْسَ أَحَدٌ مِنْ وَلَدِ آدَمَ إِلَّا وَهُوَ يَعْرِفُ اللَّهَ أَنَّهُ رَبُّهُ

„Es gibt niemanden unter den Söhnen Adams, die nicht wissen dass Allah ihr Herr ist!“

 

    1. Die Hindernisse für den speziellen Takfir

Um den „Takfir“ auf eine Person zu betreiben, dürfen folgende Hindernisse nicht vorhanden sein.

  1. Erstes Hindernis: Zwang (ikrah) darf nicht vorhanden sein. Sprachlich bedeutet „ikrah“; eine Person zu einer Aussage oder zur Durchführung bestimmter Handlung zwingen. Sprachlich bedeutet „ikrah“, nach dem Leben einer Person zu trachten, die Bezugsperson zur bestimmten Aussagen oder Handlungen zwingen, dies umzusetzen und zuzustimmen, ohne es freiwillig zu wollen. Der „Ikrah“ kann durch Drohung oder durch Folter auftreten, deshalb teilt sich „ikrah“ in zwei Arten auf:
    1. Materieller Zwang: Damit eine Situation als „ikrah“ bewertet werden kann, muss die Folter schon stattfinden um das zu bewerkstelligen. Bleibt es jedoch nur bei einer Drohung ohne Folter, dann kann hier auch nicht die Rede von materiellem Zwang sein.
    2. Geistiger Zwang: Damit eine Situation als „ikrah“ bewertet werden kann, reicht eine Drohung schon aus, ohne dass gefoltert werden muss.

Es gibt unter den Gelehrten Meinungsunterschiede welche „ikrah“ berechtigt ist. Abu Hanifa, Schafii und Imam Malik vertreten die Meinung, dass für eine Berechtigung der geistige „ikrah“ ausreiche. D.h. damit eine Situation als geistiger „ikrah“ bewertet werden kann, ist eine Drohung ausreichend. Imam Ahmad Ibn Hanbal vertritt zwei Ansichten diesbezüglich, die eine entspricht die Meinung der anderen Rechtsgelehrten. In den Rechtsquellbüchern der hanbalitischen Rechtsschule stimmen die Gelehrten ebenso dieser Ansicht der anderen Rechtsgelehrten zu. Das Thema „ikrah“ ist ziemlich umfangreich und hat sehr viele Regeln. Da das nicht das jetzige Thema ist, gehen wir nicht weiter drauf ein. Das, was wir erwähnt haben, ist eine Allgemeine Sichtweise der Gelehrten.

 

  1. Zweites Hindernis: Die Auslegung (ta'will). Dies entspricht eine Person, die bezüglich den islamischen Quelltexten eine Fehlhafte Interpretation tätigt. Die fehlhafte Interpretation kann dadurch entstehen, dass die Quellentexte falsch verstanden werden oder die Person betreffend seinen Ansichten Quellen nutzt, die er als Beweis sieht, die aber in Wirklichkeit keine Quellen sind. In solch einer Situation kann der Takfir über jene Person nicht gemacht werden, weil ihm erst einmal die eigentlichen Beweise und das richtige Verständnis dargelegt und übermittelt werden müssen. Sollte er trotz dessen weiter an sein Irrtum/falsche Verständnis halten, dann darf bzw. muss der Takfir über ihn gemacht werden. Der Beweis für dieses ist die Angelegenheit mit Talk Ibn Khubayb. In „Adab Al-Mufrad“ ist überliefert, dass er sagte:

„Ich gehörte zu den Vordersten von denjenigen die die Fürsprache unseres Propheten abgelehnt haben bzw. die Fürsprache als Lüge verurteilt haben. Ich fragte daher Jabir (Rh.a) ob die Fürsprache Wahr ist oder nicht.“

Jabir gab folgende Antwort: Ich hörte wie der Prophet sagte:

يَخْرُجُونَ مِنَ النَّارِ بَعْدَ دُخُولٍ

„Der Sünder wird -nachdem er in der Hölle war- das Paradies wegen meiner Fürsprache betreten.“

Daraufhin sagte Jabir: „Wir rezitieren den gleichen Koran wie du und wir verinnerlichen den Glauben darauf, dass die Fürsprache wahr ist!“ (Sahih Muslim)

Talk Ibn Khubayb waren die Koranverse und Ahadith bekannt, doch legte er sie für seine Annahme falsch aus, und dachte bis zum Zeitpunkt, als er mit Jabir sprach, dass eine Fürsprache unseres Propheten nicht existiere. Jabir klärte ihn auf und die Missverstände wurden behoben. Das ist ein klassisches Beispiel für ein Hindernis den „Takfir“ auf solch einer Person zu betreiben.

 

  1. Drittes Hindernis: Die Fehler (Intifa Al-Qast). Falls ein Muslim eine Aussage tätigt oder eine Tat ausübt, die anscheinend Kufr ist, er aber dies nicht bezwecken wollte, dann darf der „Takfir“ über ihn nicht gemacht werden. Da er sich entweder versprach oder solch eine große Liebe/Freude für eine Sache empfand, indem er unbewusst in dem Moment etwas von sich gab. Das sind Fehler oder Versehen die selbstverständlich verziehen werden und der Takfir somit nicht betrieben wird. Ein Beispiel hierfür ist die Überlieferung eines Mannes, welcher sein Kamel verlor, jedoch später wieder fand, und aus tiefster Freude und Liebe zu Allah folgendes sagte:

اللَّهُمَّ أَنْتَ عَبْدِي وَأَنَا رَبُّكَ

„Oh Allah! Du bist mein Diener und ich bin Dein Herr!“ (Sahih Muslim)

 

Dieser Mann hat sich versehentlich versprochen, indem er etwas sagte, was eigentlich Kufr ist. Weil er das aber nicht damit bezwecken wollte, sondern unbewusst, sich nur wegen seiner tiefsten Freude und Liebe zu Allah versprach, kann der Takfir nicht auf ihn betreiben werden. Es war nämlich nur ein Fehler bzw. ein Versehen.

 

  1. Viertes Hindernis: Die Unwissenheit (jahl). Die Unwissenheit einer Person stellt ein Hindernis für den Takfir dar, die unwissend etwas von sich gab oder eine Tat ausübte, was an sich Kufr ist. Wie auch oben erwähnt gibt es zwei Arten der Unwissenheit, die entweder als Entschuldigung akzeptiert wird oder aber auch nicht, und zwar:
  1. Schar'i Angelegenheiten, wenn beispielsweise eine Person zum Islam konvertiert, nicht weiß, dass das Gebt Pflicht ist und somit bis zur Aufklärung nicht betet. In diese und ähnliche Fiqh Angelegenheiten ist die Unwissenheit selbstverständlich eine Entschuldigung, wobei der Takfir nicht gemacht werden darf.
  2. Fitra Angelegenheiten, dies ist beispielsweise der Glaube an die Existenz Allahs, dass es neben Ihm keinen weiteren Gott gibt und alles was damit in Zusammenhang steht. Eine Person ist in dieser Angelegenheit wegen seiner Unwissenheit nicht entschuldigt, weil das eine veranlagte Angelegenheit ist, die keine Beweise benötigt. Der Takfir über eine Person, die die Existenz Allahs ablehnt oder neben Ihm weitere Götter anbetet, ist Pflicht. Solch eine Tat wird nicht Entschuldigt. Die Beweise dafür sind im oberen Abschnitten ausführlich dargelegt.

Diese Abhandlung dient zu einer allgemeinen Sichtweise bezüglich des Rechtsurteils des Takfirs!

 

 

Yasin Al-Hanafi, 8.11.2019


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