18-01-2021
DER WAHLVORGANG DER VIER KALIFEN
Die Einzelheiten beim Vollzug der Bay´a, gehen klar aus den Abläufen bei der Aufstellung der vier rechtgeleiteten Kalifen Abu Bakr, Umar, Uthman und Ali hervor. Die Abläufe bzw. Vorgänge bei der Aufstellung dieser Kalifen waren unterschiedlich.
Bei der Kalifenwahl von Abu Bakr (Rh.a), der erste Kalif nach dem Tod des Propheten, kamen einige Muslime im Garten von Beni Saqifa zusammen und sprachen über das Kalifat bzw. über einen Kalifen. Saad, Abu Ubaida, Umar und Abu Bakr waren die Kandidaten dafür. Das Ergebnis dieser Debatte bestand darin, dass Abu Bakr die Bay´a geleistet wurde. Am Folgetag wurden die Muslime in der Moschee versammelt und ihnen die Situation geschildert, woraufhin die Muslime ihm ebenfalls den Treueid leisteten. Die Bay´a einer kleinen Anzahl, im Garten von Beni Saqifa war somit die Vollzugs-Bay´a, mit der Abu Bakr Kalif der Muslime wurde. Die zweite Bay´a am Folgetag in der Moschee war eine Gehorsams-Bay´a. Nun wurde Abu Bakr nach einer zweijährigen Amtszeit krank und schwächer. Er rief die Muslime um sich mit ihnen zu beraten, wer nach ihm Kalif werden soll. Hierbei einigte man sich auf Ali (Rh.a) und Umar (Rh.a). Nach dreimonatiger intensiver Beratung und der Kenntnisnahme der Meinung der Muslime, verkündete Abu Bakr (Rh.a), dass Umar (Rh.a) nach ihm als Kalif ernannt werden soll. Unmittelbar nach seinem Tod leisteten die Muslim Umar den Treueid. Erst durch diesen Treueid wurde er Kalif, und nicht durch die vorher stattgefundenen Beratungen oder die Verkündung Abu Bakrs (Rh.a).
Zur Umars (Rh.a) Amtszeit wurde er Lebensgefährlich verletzt. Als deutlich wurde, dass der Kalif Umar seinen Verletzungen erlegen wird, baten ihn die Muslime einen Nachfolger zu bestimmen. Umar (Rh.a) lehnte dies ab. Die Muslime jedoch bedrängten ihn, sodass er anschließend sechs Personen vorschlug. Nach Umars Tod wurden die Kandidaten für das Kalifat, auf die von Umar genannte Gruppe eingegrenzt. Abdurrahman ibn Auf (Rh.a) zog seine eigene Kandidatur zurück und wurde zum Vertreter dieser Gruppe gewählt, der sich unter den Muslimen über die anderen Kandidaten erkundigen bzw. beraten sollte. Er begann sich mit den Muslimen zu beraten und verkündete anschließend Uthman (Rh.a) als Kalifen, der den Willen der Muslime entsprach. Die Muslime leisteten ebenfalls den Treueid an Uthman. Auch er wurde erst mit dieser Bay´a Kalif der Muslime und nicht durch die Aufstellung Umars (Rh.a) oder die Verkündung Abdurrahmans (Rh.a). So berichtet Zuhariy diesbezüglich:
„Die Personengruppe, die von Umar (mit der Kalifatsangelegenheit) betraut wurde, kam zusammen und beriet sich. Abdurrahman sprach zu ihnen: „Ich bin nicht jemand, der mit euch um diese Angelegenheit konkurriert. Wenn ihr jedoch möchtet, werde ich jemanden aus euren Reihen auswählen.“ So übertrugen sie diese Aufgabe Abdurrahman. Als dies geschah, wandten sich alle Menschen Abdurrahman zu und ich sah keinen mehr dieser Personengruppe folgen oder sich von ihr leiten lassen. Die Menschen scharten sich um Abdurrahman und berieten sich mit ihm in diesen Nächten bis zu der Nacht, aus der wir erwachten und Uthman die Bay´a leisteten.
Miswar berichtet: „Abdurrahman klopfte zu später Nachtstunde an meine Tür. Er klopfte so lange, bis ich erwachte. Dann sagte er: „Du schläfst? Bei Allah, ich habe in dieser Nacht wahrlich nicht viel Schlaf gefunden! Geh und hole Zubair und Saad.“ So holte ich sie für ihn herbei, und er beriet sich mit ihnen. Dann rief er mich und trug mir auf: „Schick mir Ali.“ Also holte ich ihn herbei. Er besprach sich mit ihm allein bis Mitternacht. Danach entfernte sich Ali und war in Hoffnung. Allerdings hatte Abdurrahman bezüglich Ali Befürchtungen (dass er sich widersetzen könnte). Dann sagte er: „Rufe mir Uthman.“ Ich holte ihn, und er beriet sich mit ihm alleine, bis der Gebetsrufer zum Morgengebet sie trennte. Nachdem Abdurrahman für die Leute das Morgengebet vorbetete und jene Personengruppe sich neben der Kanzel versammelte, schickte er nach den anwesenden Muhajirun und Ansar, ebenso wie nach den Armeekommandanten. Sie hatten nämlich gerade die Pilgerfahrt mit Umar vollzogen. Nachdem sie sich eingefunden hatten, sprach Abdurrahman das Glaubensbekenntnis aus und sagte: „O Ali, ich habe die Meinung der Menschen untersucht und gesehen, dass sie niemanden Uthman gleichsetzen. Lass also keinen Tadel über dich kommen.“ Daraufhin nahm er Uthmans Hand und sprach: „Ich gebe dir die Bay´a auf die Sunna Allahs und Seines Gesandten sowie der beiden Kalifen, die ihm folgten.“ So leistete ihm Abdurrahman die Bay´a, auch die anderen Menschen gaben sie ihm; die Muhajirun, die Ansar, die Befehlshaber der Armeen und die Muslime.“ (Buchari)
Bei Uthman (Rh.a) verlief es anders. Uthman führte 12 Jahre das Amt des Kalifen bis er von Aufrühren ermordet wird. Daraufhin leistete die große Mehrheit der in Medina und Kufa lebenden Muslime Ali (Rh.a) die Bay´a. Mit dieser Bay´a wurde Ali ibn Abi Talib Kalif der Muslime.
Anhand der Vorgehensweise der vier rechtgeleiteten Kalifen ist deutlich zu entnehmen, dass die Beratung unter den Muslimen -wer für das Kalifat geeignet sei- eine praktische Vorgehensweise der Durchführung der Bay´a darstellt. Der Vollzug der Bay´a erfolgt durch das Eingrenzen der Kandidatenzahl für das Amt des Kalifen, dann die entsprechende Beratung über die Eignung dieser Personen für das Amt, und anschließend folgt die Wahl eines Kalifen aus diesem Kandidatenkreis. Wenn eine bestimmte Person vorgesehen ist, wird sie den Muslimen vorgeschlagen. Sollte die Wahl auf eine bestimmte Person gefallen sein, werden sowohl die Wähler als auch die übrigen Kandidaten (für das Amt des Kalifen) zur Bay´a aufgefordert.
Die Gefährten allesamt schwiegen zu diesen Abläufen. Durch ihr Schweigen akzeptierten sie die Tat bzw. das Vorgehen. Sie wären verpflichtet die Vorgehensweisen abzulehnen bzw. zu kritisieren, sofern sie dem islamischen Recht widersprochen hätten, da das staatliche Gebilde der Muslime und der Fortbestand des Islams davon abhängen.
Wie bereits erwähnt, nachdem Tod des Gesandten Allahs (صلى الله عليه و سلم) war die Rede von Saad, Abu Ubaida, Umar und Abu Bakr für das Amt des Kalifen, woraufhin Abu Bakr Treueid geleistet wurde. Somit wurde Abu Bakr (Rh.a) Kalif. Kurz vor seinem Tod schlug er den Muslimen als Nachfolger Ali (Rh.a) und Umar (Rh.a) vor. Nach langer Beratung entschied er sich für Umar, woraufhin die Muslime ihm die Bay´a leisteten. Somit wurde Umar (Rh.a) Kalif. Umar dagegen schlug sechs Personen als Nachfolger vor, worauf Abdurrahman ibn Auf sich mit den Muslimen intensiv beriet und schließlich Uthman die Bay´a leistete. Somit wurde Uthman (Rh.a) Kalif. Nach der Ermordung Uthmans herrschte eine große Fitna/Aufruhr. Für die Muslimen kam nur eine Person in Frage, die für das Amt des Kalifen geeignet wäre; und zwar Ali (Rh.a). Die Mehrheit der in Medina und Kufa lebenden Muslime leisteten direkt Ali die Bay´a. Somit wurde Ali (Rh.a.) Kalif.
Demnach lautet der islamische Rechtsspruch bezüglich der Aufstellung des Kalifen, dass diejenigen, die die Mehrheitsmeinung der Muslime repräsentieren, dazu befugt sind, die Kandidaten für das Amt des Kalifen einzugrenzen. Ihre Namen werden den Muslimen bekanntgegeben, wobei sie aufgefordert werden, einen dieser Kandidaten zu ihren Kalifen zu wählen. Anschließend wird festgestellt, wem die Mehrheit der Muslime den Vorzug gewährt, um ihm somit die Bay´a zu leisten.
Heute | 1844 |
Insgesamt | 4690012 |
Am meisten | 42997 |
Durchschnitt | 1753 |