26-01-2022
Die Methoden der Standhaftigkeit
1 - An den edlen Koran festhalten
Der Quran ist die wichtigste Hilfe, um im Islam standhaft zu bleiben. Es ist das starke Seil und das klare Licht Allahs. Wer auch immer an dem Koran festhält, ihm befolgt und zu seinem Weg ruft, den wird Allah beschützen und zugleich auf den rechten Pfad leiten.
Weshalb ist der Koran solch eine Quelle der Stärke?
1) Es entwickelt den Glauben (Iman) und reinigt die Seele durch den Kontakt mit Allah.
2) Die Verse füllen das Herz eines Gläubigen mit der Erinnerung an Allah, sodass es sich in Ruhe und Frieden befindet und zugleich vor Fitna bewahrt.
3) Es verleiht den Gläubigen zum richtigen Verstand, Werten und Normen, durch Darstellung von Situationen, Beispielen und Geschehnissen.
2 - Die Gesetze Allahs einhalten und rechtschaffene Taten vollbringen
Allah, Der Erhabene, sagt:
يُثَبِّتُ اللَّهُ الَّذِينَ آمَنُوا بِالْقَوْلِ الثَّابِتِ فِي الْحَيَاةِ الدُّنْيَا وَفِي الْآخِرَةِ ۖ وَيُضِلُّ اللَّهُ الظَّالِمِينَ ۚ وَيَفْعَلُ اللَّهُ مَا يَشَاءُ ﴿٢٧﴾
„Allah festigt diejenigen, die glauben, durch das beständige Wort im diesseitigen Leben und im Jenseits. Doch Allah lässt die Ungerechten in die Irre gehen. Allah tut, was Er will.“ (Der edle Koran 14:27)
Qatadaah (Rh.a) sagt zu diesem Vers: „Für das Leben auf dieser Welt wird Allah, Der erhabene, ihnen helfen, Standhaftigkeit zu erlangen, gute und rechtschaffende Taten zu vollbringen und im Jenseits (wird Allah ihnen helfen) im Grab standhaft zu bleiben.“[1]
Des Weiteren sagt Allah:
وَلَوْ أَنَّهُمْ فَعَلُوا مَا يُوعَظُونَ بِهِ لَكَانَ خَيْرًا لَّهُمْ وَأَشَدَّ تَثْبِيتًا ﴿٦٦﴾
„(…) Wenn sie aber tun würden, wozu sie ermahnt werden, wäre es wahrlich besser für sie und eine größere Stärkung (im Glauben).“ (Der edle Koran 4:66)
Allah sagt eindeutig, dass jene im Glauben gestärkt und folglich rechtgeleitet sind, die an Allahs Gesetzgebung festhalten und demnach rechtschaffene Taten vollbringen.
Der Gesandte Allahs (صلى الله عليه و سلم) bestand drauf, rechtschaffene Taten zu vollbringen; die von ihm (صلى الله عليه و سلم) am meisten geliebten guten Taten waren jene, die dauerhaft/regelmäßig vollbracht wurden, auch wenn sie klein waren. Wenn seine Gefährten aber auch seine Ehefrauen mit einer rechtschaffenen Tat begangen, so setzten sie es auch fort, ohne es vernachlässigen.
Der Gesandte (صلى الله عليه و سلم) sagt: „Wer auch immer daran festhält, die Zwölf Rakah zu verrichten (die Sunnan rawatib oder die Sunnah Gebete, welche der Prophet dauerhaft verrichtete), wird das Recht auf das Paradies haben.“[2]
Gemäß einem Hadis Kudsi sagt Allah: „Mein Diener fährt fort, Mir näher zu kommen mit seinen nawafil[3]Taten der Anbetung, bis Ich ihn liebe.“[4]
3 - Die Prophetengeschichten studieren und diesen Beispielen folgen
Allah sagt ganz klar im edlen Koran:
وَكُلًّا نَّقُصُّ عَلَيْكَ مِنْ أَنبَاءِ الرُّسُلِ مَا نُثَبِّتُ بِهِ فُؤَادَكَ ۚ وَجَاءَكَ فِي هَٰذِهِ الْحَقُّ وَمَوْعِظَةٌ وَذِكْرَىٰ لِلْمُؤْمِنِينَ ﴿١٢٠﴾
„Alles berichten Wir dir von den Nachrichten über die Gesandten, womit Wir dein Herz festigen. Darin ist dir die Wahrheit zugekommen, und eine Ermahnung und Erinnerung für die Gläubigen.“ (Der edle Koran 11:120)
Die Verse wurden nicht irrelevant offenbart sondern wegen einen bestimmten Zweck; das Herz des Propheten (صلى الله عليه و سلم) und auch die Herzen der Gläubigen zu stärken. Sie bringen uns das Erlernen der Standhaftigkeit bei. Einige Beispiele sind:
Das Beispiel von Ibrahim (a.s):
قَالُوا حَرِّقُوهُ وَانصُرُوا آلِهَتَكُمْ إِن كُنتُمْ فَاعِلِينَ ﴿٦٨﴾ قُلْنَا يَا نَارُ كُونِي بَرْدًا وَسَلَامًا عَلَىٰ إِبْرَاهِيمَ ﴿٦٩﴾ وَأَرَادُوا بِهِ كَيْدًا فَجَعَلْنَاهُمُ الْأَخْسَرِينَ ﴿٧٠﴾
„Sie sagten: „Verbrennt ihn und helft euren Göttern, wenn ihr etwas tun wollt.“ Wir sagten: „O Feuer, sei Kühlung und Unversehrtheit für Ibrahim.“ Sie wollten gegen ihn mit einer List vorgehen. Da machten Wir sie zu den größten Verlierern.“ (Der edle Koran 21:68-70)
Ibn Abbas (Rh.a) sagt hierzu: „Das letzte, was Ibrahim (a.s) sagte, bevor er ins Feuer geworfen wurde, war; Allah ist mein Genüge, und Er ist der beste Verwalter der Angelegenheiten.“[5]
Welch eine Standhaftigkeit der Prophet Ibrahim (a.s) gegenüber der Unterdrückung und Qual aufwies!
Das Beispiel von Musa (a.s):
فَلَمَّا تَرَاءَى الْجَمْعَانِ قَالَ أَصْحَابُ مُوسَىٰ إِنَّا لَمُدْرَكُونَ ﴿٦١﴾ قَالَ كَلَّا ۖ إِنَّ مَعِيَ رَبِّي سَيَهْدِينِ ﴿٦٢﴾
„Als die beiden Heere einander sahen, sagten die Gefährten Musas: „Wir werden fürwahr eingeholt.“ Er sagte: „Keineswegs! Denn mit mir ist mein Herr; Er wird mich leiten.“ (Der edle Koran 26:61-62)
Welch eine Standhaftigkeit der Prophet Musa (a.s) aufweist, während er von den Massen Pharaos verfolgt wurde und von den Schreien der Verzweiflung seiner eigenen Leute umgeben war!
Das Beispiel von den Zauberern Pharaos:
قَالَ آمَنتُمْ لَهُ قَبْلَ أَنْ آذَنَ لَكُمْ ۖ إِنَّهُ لَكَبِيرُكُمُ الَّذِي عَلَّمَكُمُ السِّحْرَ ۖ فَلَأُقَطِّعَنَّ أَيْدِيَكُمْ وَأَرْجُلَكُم مِّنْ خِلَافٍ وَلَأُصَلِّبَنَّكُمْ فِي جُذُوعِ النَّخْلِ وَلَتَعْلَمُنَّ أَيُّنَا أَشَدُّ عَذَابًا وَأَبْقَىٰ ﴿٧١﴾
„Er (Pharao) sagte: „Ihr glaubt an ihn, bevor ich es euch erlaube? Er ist wahrlich euer Ältester, der euch die Zauberei gelehrt hat. So werde ich ganz gewiss eure Hände und eure Füße wechselseitig abhacken und euch ganz gewiss an Palmstämmen kreuzigen (lassen). Und ihr werdet ganz gewiss erfahren, wer von uns strenger im Strafen und beständiger ist.“ (Der edle Koran 20:71)
Die kleine Gruppe der Gläubigen blieb jedoch standhaft gegenüber den Drohungen Pharaos, ohne dabei Zweifel oder Angst zu besitzen. Sie gaben ganz klar zur Antwort:
قَالُوا لَن نُّؤْثِرَكَ عَلَىٰ مَا جَاءَنَا مِنَ الْبَيِّنَاتِ وَالَّذِي فَطَرَنَا ۖ فَاقْضِ مَا أَنتَ قَاضٍ ۖ إِنَّمَا تَقْضِي هَٰذِهِ الْحَيَاةَ الدُّنْيَا ﴿٧٢﴾
„Sie sagten: „Wir werden dich nicht dem vorziehen, was an klaren Beweisen zu uns gekommen ist, und (vor) Demjenigen, Der uns erschaffen hat. So entscheide, was du entscheiden magst; du entscheidest nur über dieses irdische Leben.“ (Der edle Koran 20:72)
Die Zauberer Pharaos stellten eine kleine Gruppe dar, welche um jeden Preis an der Wahrheit festhielt, die ihnen offensichtlich wurde. Sie blieben standhaft gegenüber den Bedrohungen und Tyrannei Pharaos.
4 - Dua machen
Eines der Eigenschaften der gläubigen Diener Allahs ist, dass sie Dua zu Allah machen, indem sie Ihm um die Hilfe zur Standhaftigkeit bitten:
رَبَّنَا لَا تُزِغْ قُلُوبَنَا بَعْدَ إِذْ هَدَيْتَنَا وَهَبْ لَنَا مِن لَّدُنكَ رَحْمَةً ۚ إِنَّكَ أَنتَ الْوَهَّابُ ﴿٨﴾
„Unser Herr, lasse unsere Herzen nicht abschweifen, nachdem Du uns rechtgeleitet hast, und schenke uns Erbarmen von Dir aus. Du bist ja der unablässig Schenkende.“ (Der edle Koran 3:8)
قَالُوا رَبَّنَا أَفْرِغْ عَلَيْنَا صَبْرًا وَثَبِّتْ أَقْدَامَنَا وَانصُرْنَا عَلَى الْقَوْمِ الْكَافِرِينَ ﴿٢٥٠﴾
„(…) „Unser Herr, überschütte uns mit Standhaftigkeit, festige unsere Füße und verhilf uns zum Sieg über das ungläubige Volk!“ (Der edle Koran 2:250)
Der Gesandte Allahs (صلى الله عليه و سلم) berichtet: „Die Herzen der Söhne Adams sind wie welche, die zwischen den Fingern des Barmherzigen sind und Er wendet sie, wie Er will.“[6]
Zudem machte der Prophet (صلى الله عليه و سلم) sehr oft folgendes Dua: „Oh Lenker der Herzen, festige mein Herz auf Deiner Religion.“[7]
5 - Das Zikir / die Erinnerung an Allah
Das Zikir ist eines der größten Mittel, um im Islam standhaft zu bleiben. So sagt Allah:
يَا أَيُّهَا الَّذِينَ آمَنُوا إِذَا لَقِيتُمْ فِئَةً فَاثْبُتُوا وَاذْكُرُوا اللَّهَ كَثِيرًا لَّعَلَّكُمْ تُفْلِحُونَ ﴿٤٥﴾
„O die ihr glaubt, wenn ihr auf eine Schar trefft, so steht fest und gedenkt Allahs häufig, auf dass es euch wohl ergehen möge!“ (Der edle Koran 8:45)
Zikir ist ebenfalls eines der effektivsten Hilfen, um im Jihad standhaft zu bleiben. So sagt Ibn ul-Qayyim: „Denk darüber nach, wie die Stärke der Perser und Römer sie im Stich ließ, als sie es am meisten benötigten.“[8]
6 - Bestrebt sein, den richtigen Weg zu gehen
Der einzig richtige Weg, den jeder Muslim folgen muss, ist der Weg der Ahlu-Sunnah wal Jama’a, der Pfad der siegreichen Gruppe und der erretteten Gemeinschaft, die Leute der reinen Aqida und Menhej, den Befolgern der Sunna.
Der Muslim muss von den Feinden Allahs klar erkennbar sein und sich von den Leuten der Falschheit unterscheiden.
Heraklius fragte einst Abu Sufyan: „Trat einer von ihnen (den Anhängern Muhammeds (صلى الله عليه و سلم)) aufgrund von Unzufriedenheit von seinem Glauben zurück, nachdem er diesen angenommen hatte?“ Abu Sufyan antwortete: „Nein!“ Dann sagte Heraklius: „Dies ist doch üblich, wenn die Freude des Glaubens (Imaan) das Herz füllt.“[9]
7 - Bildung und Wissen
Das bewusste Wissen über den Iman (Glaube) ist eines der grundlegendsten Faktoren der Standhaftigkeit im Islam. Das Wissen diesbezüglich füllt nämlich das Herz und das Bewusstsein mit Angst, Hoffnung und Liebe zu Allah. Wie hätten die Sahaba sonst den Qualen, Leid, Unterdrückung, Boykottierung standhaft bleiben können, wenn sie die Bildung über den Iman nicht genossen hätten. Die blinde Befolgung ist im Islam untersagt.
8 - Vertrauen, Zuversicht auf dem Weg haben
Je mehr Zuversicht der Muslim auf Allahs Weg hat, desto stärker wird er sich daran festhalten. Vertrauen, Zuversicht kann unterschiedlich erlangt werden, wie beispielsweise:
1) Das Bewusstsein besitzen, dass dieser Weg (Islam) kein neuer Weg sondern ein alter und ehrwürdiger Weg ist, den die Propheten, Gelehrten, Sprecher der Wahrheit, Märtyrer und rechtschaffene Leute zuvor gingen. Dieses Bewusstsein verringert die Einsamkeit, ersetzt die Entfremdung mit einem Gefühl von Vertrautheit, und wandelt die Trauer in Freude um, weil man sich bewusst ist, welch großartige Persönlichkeiten zuvor diesen Weg gegangen sind.
2) Glücklich schätzen und dankbar sein, dass man unter den Auserwählten ist. Allah sagt nämlich:
قُلِ الْحَمْدُ لِلَّهِ وَسَلَامٌ عَلَىٰ عِبَادِهِ الَّذِينَ اصْطَفَىٰ ۗ
„Sag: (Alles) Lob gehört Allah, und Friede sei auf Seinen Dienern, die Er Sich auserwählt hat! (…)“ (Der edle Koran 27:59)
ثُمَّ أَوْرَثْنَا الْكِتَابَ الَّذِينَ اصْطَفَيْنَا مِنْ عِبَادِنَا ۖ
„Hierauf gaben Wir das Buch denjenigen von Unseren Dienern, die Wir auserwählten (…)“ (Der edle Koran 35:32)
وَكَذَٰلِكَ يَجْتَبِيكَ رَبُّكَ وَيُعَلِّمُكَ مِن تَأْوِيلِ الْأَحَادِيثِ
„Und so wird dein Herr dich erwählen und dich etwas von der Deutung der Geschichten lehren (…)“ (Der edle Koran 12:6)
Genauso wie Allah die Propheten erwählt hat, so haben die Rechtschaffenen einen Anteil in diesem Auserwähltsein.
9 - Dawa machen; aktiv sein
Eine Seele, die nicht aktiv ist, wird stocken. Eines der wichtigsten Bereiche, in denen man aktiv sein kann, ist die Dawa. Allahs Wort verbreiten und die Menschen zur Religion Allahs einladen. Dies ist die Arbeit aller Propheten, die Arbeit, die dich vor Bestrafung retten wird. Allah befiehlt:
فَلِذَٰلِكَ فَادْعُ ۖ وَاسْتَقِمْ كَمَا أُمِرْتَ ۖ
„Darum rufe du auf und verhalte dich recht, wie dir befohlen wurde. (…)“ (Der edle Koran 42:15)
Niemand bleibt bewegungslos, entweder macht man Fortschritte oder aber man fällt zurück. Wenn eine Person sich nicht mit den Taten der Anbetung und der Gehorsamkeit beschäftigt, dann wird sie mit Sünden und Widerspenstigkeit beschäftigt sein. Es gibt Tage, an dem der Iman zunimmt und es gibt Tage, an dem der Iman abnimmt; der Iman bleibt aber nicht konstant. Nimmt man sich die Dawa als Hauptsorge, indem geistig und körperlich Anstrengungen unternommen werden, so wird der Schaytan keinen Einfluss auf ihn haben. Neben der Erlangung von gewaltigem Lohn, ist die Dawa ein Mittel, um im Glauben (Iman) standhaft zu bleiben und sich davor zu schützen, rückfällig zu werden. Allah verteidigt die Dawaträger, indem Er sie standhaft macht.
10 - Mit jenen Zusammensein, welche zur Standhaftigkeit verhelfen
Der Gesandte Allahs (صلى الله عليه و سلم) beschreibt den Charakter jener, wie folgt: „Unter den Leuten sind einige, die die Tür zum Guten öffnen und den Weg zum Bösen schließen.“[10]
Gelehrten, rechtschaffene Menschen und gläubige Verkünder verhelfen zur Standhaftigkeit. Zur Zeit der Fitna in der islamischen Geschichte, stand Allah den Muslimen bei, indem Er einigen Personen half bzw. festigte. Ali ibn al-Madini beispielsweise sagt: „Allah unterstützte seine Religion mit Al-Siddiq[11] (Abu Bakr) in der Zeit der Riddah (Abtrünnigkeit) und mit Ahmad in der Zeit der Prüfung.“
Ibn-ul Qayyim sagt über Schaich-ul Islam (Ibn Taymiyyah): „Wenn unsere Furcht zu groß wurde und wir anfingen, das Schlimmste zu denken, und die Sache zu schwer für uns wurde, kamen wir zu ihm. Wir brauchten ihn nur zu sehen und seinen Worten zuzuhören und all jenes (die Furcht usw.) ging weg, um von der Gelassenheit, Stärke, Sicherheit und Ruhe ausgetauscht zu werden. Der Lob gebührt Demjenigen, welcher Seinen Dienern zu den Zeugen des Paradieses machte, bevor sie Ihn trafen, ihnen die Tür in dieser Welt öffnete und ihnen ermöglichte, den angenehmen Duft von ihm (Paradies) wahrzunehmen, so dass sie all ihre Kraft dafür einsetzten, es zu erlangen und darum wetteifern.“[12]
Die islamische Brüderlichkeit taucht in diesen Beispielen als Basis der Standhaftigkeit auf. Deine rechtschaffenen Brüder, Führer und Lehrer sind auf dem Weg eine Quelle der Hilfe für dich und zugleich eine starke Säule, an die du dich anlehnen kannst. Deshalb sei mit jene und bleib nicht allein, denn dann überwältigt dich der Schaytan, wie das Schaf, das die Herde verlässt, und dann vom Wolf gefressen wird.
11 - Schönen Charakter besitzen
Ein Muslim sollte sich um Charaktereigenschaften bemühen, die zur Standhaftigkeit verhelfen. Der Gesandte Allahs (صلى الله عليه و سلم) sagt: „Niemandem wird ein gewaltigeres und freigiebigeres Geschenk gegeben als die Geduld.“[13]
In gewaltigen Situationen wie beispielsweise durch das Eintreffen einer Katastrophe, oder wenn Unerwartetes jemandem widerfährt, wird die Geduld auf Probe gestellt. Wenn jener keine Geduld besitzt, wird ihm die Katastrophe überwältigen, und er wird seine Standhaftigkeit verlieren. Ibn al-Jauzi (R) berichtet: „Ich sah einen alten Mann, der knapp 80 Jahre alt war, und sich dauerhaft an die Gemeinschaftsgebete beteiligte. Ein Sohn seiner Tochter starb und er sagte: „Keiner soll mehr zu Allah beten, da er nicht antwortet.“ Dann sagte er: „Allah ist hartnäckig und lässt uns keinen Sohn.“[14]
Durch die Niederlage in Uhud, befanden sich plötzlich die Muslimen in einer unerwarteten Katastrophe, weil Allah ihnen einen Sieg versprach. Doch Allah lehrte ihnen durch das Blut der Märtyrer eine große Lektion. So sagt Allah, Der Erhabene:
أَوَلَمَّا أَصَابَتْكُم مُّصِيبَةٌ قَدْ أَصَبْتُم مِّثْلَيْهَا قُلْتُمْ أَنَّىٰ هَٰذَا ۖ قُلْ هُوَ مِنْ عِندِ أَنفُسِكُمْ ۗ إِنَّ اللَّهَ عَلَىٰ كُلِّ شَيْءٍ قَدِيرٌ ﴿١٦٥﴾
„Ist es nicht (so), dass, als euch ein Unglück traf, obwohl ihr (den Feind) mit einem zweimal so großen getroffen hattet, ihr sagtet: „Woher kommt das?“ Sag: Es kommt von euch selbst. Gewiss, Allah hat zu allem die Macht.“ (Der edle Koran 3:165)
Wie konnte es von ihnen selbst kommen?
حَتَّىٰ إِذَا فَشِلْتُمْ وَتَنَازَعْتُمْ فِي الْأَمْرِ وَعَصَيْتُم مِّن بَعْدِ مَا أَرَاكُم مَّا تُحِبُّونَ ۚ مِنكُم مَّن يُرِيدُ الدُّنْيَا
„(…) bis dass ihr den Mut verlort und über die Angelegenheit miteinander strittet und euch widersetztet, nachdem Er euch gezeigt hatte (von der Beute), was euch lieb ist. – Unter euch gibt es manche, die das Diesseits wollen; (…)“ (Der edle Koran 3:152)
12 - Nasiha (Ratschlag) ersuchen und annehmen
Wenn Allah einen Muslim mit einer Prüfung prüft, um beispielsweise seinen Stellenwert zu erhöhen, dann verleiht Er ihm auch zugleich Mitteln, um standhaft zu bleiben. Eines dieser Mittel ist eine rechtschaffene Person, die ihn berät, behilflich ist und zur Standhaftigkeit verhilft. Durch die Worte dieser Person hilft Allah dem Gläubigen, standhaft zu bleiben, weil sie nämlich an Allah, das Treffen mit Ihm, Sein Paradies und Seine Hölle erinnern. In der Geschichte wurden viele Gelehrte oder auch Persönlichkeiten aufgrund islamischer Aspekte gefoltert und unterdrückt. Einer unter ihnen ist beispielsweise Imam Ahmed (R). Er unterlag erhebliche Prüfungen, aus der er jedoch wie Gold heraustrat. So wird über ihm berichtet:
Imam Ahmed wurde in Ketten zu Al-Ma’mun gebracht, der ihn grausam bedrohte, sodass sein Diener zu Imam Ahmad sprach: „Es verletzt mich, oh Abu Abdallah (Imam Ahmad), dass Al-Ma’mun ein Schwert aus der Scheide gezogen hat, welches er zuvor noch nie herausgezogen hat, und er schwört bei seiner Verwandtschaft zu Allahs Gesandten (صلى الله عليه و سلم), dass wenn du nicht akzeptierst, was er über die Erschaffung des Koran sagt, er dich sicherlich mit diesem Schwert töten wird.“[15]
Intelligente Gelehrte ließen Imam Ahmed in dieser Situation nicht allein. Sie sprachen edle und einflussreiche Worte, die ihm halfen standhaft zu bleiben. So berichtet Al-Dhahabi in Al-Siyar (11/238) von Abu Dscha’far al-Anbari: „Als Ahmad zu Al-Ma’mun gebracht wurde, wurde ich davon unterrichtet, also überquerte ich den Euphrat und fand ihn auf, wie er in einem Gasthaus saß, wo ich ihn begrüßte. Er sagte „Oh Abu Dscha’far, warum bist du diesen Ärger eingegangen (hierher zu kommen)?“ Ich sagte „Hör mir zu, heute bist du der Führer und die Menschen folgen dir. Bei Allah, wenn du akzeptierst, dass der Koran erschaffen wurde, werden sich viele Menschen dem anschließen, aber wenn du dies nicht tust, werden sie es nicht tun. Selbst wenn dieser Mann (Al-Ma’mun) dich nicht tötet, wirst du trotzdem sterben, denn der Tod ist etwas Unvermeidliches, so fürchte Allah, Den Erhabenen, und schließe dich (Al-Ma’mun) nicht an.“ Ahmad begann zu weinen und sagte: „MaschaAllah!“ Dann sagte er: „Oh Abu Dscha’far sage es noch einmal.“ So sagte ich es noch mal und er sagte immer wieder „MaschaAllah...“
Hinsichtlich seiner Auslieferung an Al-Ma’mun sagte Imam Ahmad: „Wir erreichten Al-Rahbah um Mitternacht, und ein Mann kam zu uns und sagte: „Wer von euch ist Ahmad ibn Hanbal?“ Ihm wurde gesagt: „Dieser Mann“, und er sagte zum Kameltreiber: „Werde langsamer“, dann sagte er: „Hör mir zu, warum solltest du besorgt sein, hier getötet zu werden, um dann ins Paradies einzugehen?“ Anschließend sagte er: „Möge Allah mit dir sein!“ Und ging (weiter). Ich fragte nach ihm, und es wurde mir geantwortet: „Er ist ein Araber vom Stamm Rabi´ah, welcher in der Wüste mit Wolle handelt. Er heißt Dschabir ibn Amir, und sie sagen gute Sachen über ihn.“[16]
Ein Beduine kam zu Imam Ahmad und sprach: „Hör mir zu, du bist ein Repräsentant des Volkes, also sei keine schlechte Nachricht für sie. Du bist heute der Führer des Volkes, so nimm dich in Acht davor, was sie von dir verlangen, damit du ihre Sünden am Tage der Auferstehung nicht austragen musst. Wenn du Allah liebst, so ertrage dies mit Geduld, sodass das Einzige, zwischen dir und dem Paradies, dein Tod ist.“ Imam Ahmad sagte: „Seine Worte stärkten meinen Entschluss, nicht zu tun, was sie von mir verlangten.“[17]
Imam Ahmad sprach: „Ich habe nie ein stärkeres Wort gehört als das, welches ein Beduine aus Rahbat Tauq (ein Dorf zwischen Al-Raqqah und Baghdad, am Ufer des Euphrats) zu mir sagte. Er sagte: „Oh Ahmad, wenn sie dich wirklich umbringen, wirst du ein Schehid (Märtyrer) sein, und wenn du überlebst, wirst du gelobt werden.“ Und mein Herz wurde stark.“[18]
Muhammed ibn Nuh begleitete Imam Ahmed in der Zeit der Prüfung. Imam Ahmed berichtete wie folgt über ihm: „Obwohl er ein junger Mann war, hatte er so ein gewaltiges Wissen, und ich habe nie jemanden gesehen, der stärker an den Befehlen Allahs festhielt als Muhammad ibn Nuh, und ich hoffe, dass sein Ende gut war. Eines Tages sagte er zu mir: „Oh Abu Abdallah, du bist nicht wie ich. Du bist ein Mann, dem die Menschen folgen, und sie strecken ihre Hälse aus, um zu sehen, was du machst, so fürchte Allah und halt an seinen Befehlen fest.“ Dann starb er und ich betete das Totengebet für ihn und begrub ihn.“[19]
Auch die Gefängnisgefährten trugen dazu bei, Imam Ahmed in der Standhaftigkeit zu unterstützen. So sagte eins Imam Ahmed: „Mir ist es egal, dass ich im Gefängnis bin – es hat keinen Unterschied zu meinem Haus – oder vom Schwert getötet zu werden, aber ich fürchte die Prüfung durch das Auspeitschen.“ Einer der anderen Gefangenen hörte ihn und sagte: „Sei nicht besorgt, oh Abu Abdallah, es sind nur zwei Peitschenhiebe, dann fühlst du nicht mehr den Rest, der auf dich herabfällt.“ Es war so, als ob ihn dies ermutigte und ihn beruhigte.[20]
Ein Muslim sollte die Ratschläge rechtschaffener Menschen einholen und diese verinnerlichen. Dies kann zur unterschiedlichen Situationen vonstattengehen, ob sich ein Muslim in einer Prüfung Allahs befindet, in bedrückende Lage ist, bezüglich einer anstehende Reise, wenn man denkt etwas würde passieren, oder wenn man zu einer autoritären Position ernannt wird, uvm.
Bring dich selbst dazu, standhaft zu bleiben und sei anderen behilflich, dasselbe zu tun.
13 - Über das Vergnügen im Paradies, die Strafe im Höllenfeuer und den Tod denken
Das Paradies ist die Wohnstätte des Vergnügens, ein Trost für jene, die trauern und das letzte Ziel der Gläubigen. Die Seele neigt von Natur aus nicht dazu Anstrengungen zu unternehmen, hart zu arbeiten, oder standhaft zu bleiben, außer sie bekommt dafür eine Gegenleistung, welche das Schwere leicht macht, und ihr dabei hilft, die auf sie zukommenden Hindernisse zu bewältigen. Derjenige, der über die Belohnung Bescheid weiß, wird es leicht finden, hart zu arbeiten, weil ihm bewusst ist, dass er das Paradies um eine Entfernung wie die zwischen Himmel und Erde verpassen wird, wenn er nicht standhaft bleibt. Die Seele benötigt nämlich solch einen Ansporn.
Der Gesandte Allahs (صلى الله عليه و سلم) berichtete seinen Gefährten in unterschiedlichen Situationen über das Paradies, um zu ermutigen, standhaft zu bleiben. Als die Familie Yassir von dem Muschrikun auf brutale Art gefoltert wurden, ging der Gesandte Allahs (صلى الله عليه و سلم) an ihnen vorbei und sprach zu ihnen: „Geduld, Familie Yassir! Geduld, Familie Yassir, für euch ist das Paradies bestimmt.“ [21]
Des Weiteren sprach der Prophet (صلى الله عليه و سلم) zu den Ansar: „Ihr werdet nach meinem Tod auf selbstsüchtige Menschen treffen, also seid geduldig, bis ihr mich am Haudh (Becken - am Tage der Auferstehung) wiedertrifft.“[22]
Ähnlich sollte man sich auch Gedanken machen über Iman und Kufr, das Leben im Grab, die Zusammenkunft und Abrechnung, die Waage der Gerechtigkeit, die Brücke über dem Höllenfeuer und andere Ereignisse am Tage des Gerichts. Die Erinnerung an den Tod, beschützt den Muslim rückfällig zu werden und hilft ihm an den Grenzen Allahs festzuhalten. Wenn ein Mensch nämlich verinnerlicht, dass der Tod ihm näher ist als sein Schuhsenkel, oder dass seine Zeit (zu sterben) jederzeit eintreffen kann, handelt und benimmt er sich dementsprechend.
Der Gesandte Allahs (صلى الله عليه و سلم) sagt: „Gedenkt immer den Zerstörern des Vergnügens.“[23]
[1] Tafsir al-Quran al-‘Athim von Ibn Kathir, 3/421
[2] Sunan At-Tirmidhi, 2/273; Sahih An-Nisaa’i, 1/388; Sahih At-Tirmidhi, 1/131
[3] Freiwillige Taten der Dienerschaft gegenüber Allah
[4] Buchari; Fath al-Baari, 11/340
[5] Al-Fath 8/22
[6] Überliefert durch Imam Ahmad, Ibn ‘Umar; Sahih Muslim bi Scharh an-Nawawi, 16/204
[7] Überliefert durch al-Tirmidhi von Anas. Tuhfat al-Ahwadhi, 6/349; Sahih al-Dschami’, 7864
[8] Al-Daa’ ual-Dawah
[9] Buchari Al-Fath 1/32
[10] Ibn Madje von Anas, 237; Ibn Abi ‘Asim in Kitab as-Sunnah, 1/127; siehe auch Al-Silsilat As-Sahihah, 1332
[11] Der Wahrhaftige; den Beinamen gab der Prophet (صلى الله عليه و سلم) Abu Bakr (Rh.a)
[12] Al Waabil As-Sayib, S. 97
[13] Buchari: Kitaab al-Zakaah, Baab al-Isti’faaf ‘an al-mas’alah; Muslim: Kitaab al-Zakaah, Baab Fadl al-Ta’affuf wa’l-Sabr
[14] Al-Thabaat ‘ind al-Maut von Ibn al Jauzi, S. 34
[15] Al-Bidaayah wa’l-Nihaayah, 1/332
[16] Siyar A’laam al-Nubala’, 11/241
[17] Al-Bidaayah wa’l-Nihaayah, 1/332
[18] Siyar A’laam al-Nubala’, 11/241
[19] Siyar A’lam al-Nubala’, 11/242