MUSLIMFEINDLICHKEIT IN WEITEN TEILEN DER BEVÖLKERUNG VERBREITET - ANTIMUSLIMISCHER RASSISMUS

16-04-2024

Gesellschaftliches Lagebild: Muslimfeindlichkeit in weiten Teilen der Bevölkerung verbreitet

Anhand von Daten aus wissenschaftlich überzeugenden repräsentativen Studien(-reihen), der polizeilichen Kriminalitätsstatistik sowie über die Dokumentation von muslimfeindlichen Fällen seitens von Antidiskriminierungsstellen, Beratungsorganisationen und anderen NGOs konnten ein erstes Lagebild über das Ausmaß antimuslimischer Vorbehalte und Vorfälle sowie deren unterschiedliche Erscheinungsformen erstellt und Leerstellen identifiziert werden. 

Die Einführung der gesonderten Erfassung „islamfeindlicher Straftaten“ in der polizeilichen Kriminalitätsstatistik in der Kategorie politisch motivierte Kriminalität (PMK) ist ein wichtiger Meilenstein in der Beobachtung muslim- bzw. islamfeindlich motivierter Hasskriminalität. Sie weist aber auch noch einige Schwächen auf.

Repräsentative Studien zur Erfassung unterschiedlicher Erscheinungsformen von Muslimfeindlichkeit sind rar. Dennoch liefern einige renommierte Survey-Reihen über einen längeren Zeitraum belastbare Daten, die in der Zusammenschau wichtige Hinweise auf das Ausmaß und die unterschiedlichen Facetten muslimfeindlicher Einstellungen in Deutschland geben. Aus ihnen wird deutlich, dass Muslimfeindlichkeit kein gesellschaftliches Randphänomen darstellt, sondern in weiten Teilen der deutschen Bevölkerung verbreitet ist und sich seit vielen Jahren auf einem beständig hohen Niveau hält – abgesehen von leichten Schwankungen. Etwa jede*r Zweite in Deutschland stimmt muslimfeindlichen Aussagen zu. Dabei kommt es zu Überschneidungen von verschiedenen Vorbehalten und Abwertungen, weil Muslim*innen zum einen als besonders ‚fremde‘ Zuwander*innen wahrgenommen werden und zum anderen als Angehörige einer angeblich ‚rückständigen‘ Religion. 

Im Zusammenhang mit migrationspolitischen Themen wird Muslim*innen eine mangelnde Integrationsfähigkeit unterstellt sowie die Neigung, sich angeblich bewusst abzugrenzen und Kontakte zu Andersgläubigen zu meiden. Im Zusammenhang mit religionsbezogenen Themen wird der Islam pauschal mit Gewalt, Extremismus und Rückständigkeit verknüpft und dementsprechend Muslim*innen eine Affinität zu Gewalt, Extremismus und patriarchalen Wertvorstellungen unterstellt. Insofern sind Muslim*innen (und als solche wahrgenommene Personen) in doppelter Hinsicht von Stigmatisierung betroffen. Besonders problematisch ist die Gleichsetzung von muslimischer Frömmigkeit mit Fundamentalismus, die mit massiver Ablehnung religiöser Ausdrucksweisen von Muslim*innen einhergeht und sogar mit der Bereitschaft, Grundrechtseinschränkungen im Bereich der Religionsfreiheit für Muslim*innen zu befürworten und ihnen das Recht auf gleiche Teilhabe abzuerkennen. Diese Vorbehalte mögen aus Unkenntnis entstehen und zunächst Ausdruck von Skepsis sein, ohne dass sich daraus automatisch bewusste Feindseligkeiten ableiten lassen. Sie bieten aber einen gefährlichen Nährboden und ein Einfallstor für antidemokratische Gruppierungen, die mit muslimfeindlichen Themen an die gesellschaftliche Mitte anknüpfen. Gerade in Regionen, in denen es an persönlichen Begegnungen mit Muslim*innen mangelt und dadurch kein Korrektiv zu verbreiteten Vorbehalten existiert, können diese ungehindert Raum greifen. Praktische Auswirkungen zeigen sich nach den Daten der Antidiskriminierungsstelle des Bundes insbesondere in Diskriminierungserfahrungen auf dem Arbeitsmarkt.

Die Ergebnisse der gesichteten quantitativen Studien zeigen zudem, dass Muslimfeindlichkeit mit anderen Formen der Menschenfeindlichkeit zusammenhängt, d. h., dass Personen, die muslimfeindliche Einstellungen aufweisen, beispielsweise auch eher zu antisemitischen Haltungen tendieren. Muslimfeindlichkeit ist in ihrer menschenfeindlichen Dimension demnach als Teil einer antidemokratischen Ideologie zu verstehen.

 

Muslimfeindlichkeit – Eine deutsche Bilanz
Bundesministerium des Innern und für Heimat: BMI


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