26-06-2024
Muslimfeindliche Einstellungen in der Bevölkerung
Seit rund 20 Jahren wird im Rahmen repräsentativer Studien zu Muslimfeindlichkeit geforscht. Auch wenn die Forschung zur Ablehnung von Muslim*innen und ihrer Religion im Vergleich zu anderen Formen der Menschenfeindlichkeit noch relativ jung ist, liegen mittlerweile umfangreiche und belastbare Daten zum Ausmaß und zur Entwicklung von muslimfeindlichen Einstellungen in der deutschen Bevölkerung vor. Insbesondere die großen und renommierten Studienreihen wie die Mitte-Studien oder der Religionsmonitor stellen wichtige Datenquellen dar (eine Übersicht zu herangezogenen Studien und dazugehörigen Publikationen bietet das nächste Unterkapitel 3.1.1).
Quantitative Studien zu Muslimfeindlichkeit basieren auf Konzepten der Vorurteilsforschung (vgl. Zick/Küpper/Heitmeyer 2011), die Muslimfeindlichkeit als individuelles Einstellungsmuster erfassen und damit für die quantitative Forschung zugänglich machen. Dennoch werden Vorurteile in dieser Forschungsrichtung nicht auf die individuelle Ebene beschränkt, sondern als sozial geteilte Kategorien aufgefasst und gesamtgesellschaftlich verortet. Zusammenhangsanalysen können ermitteln, in welchen Bevölkerungsteilen Vorurteile besonders verbreitet sind, was weitere Schlüsse über Kontextbedingungen und Vermittlungswege erlaubt. Insofern ist die auf sozialpsychologischen Vorurteilskonzepten basierende quantitative Erforschung von Muslimfeindlichkeit nicht als Alternative für auf Rassismus-Theorien basierende Konzepte zu verstehen. Vielmehr ist die sozialpsychologische Vorurteilsforschung, die eine zentrale Säule in der Analyse von Muslimfeindlichkeit darstellt, als gesamtgesellschaftliches Phänomen zu begreifen, das sich in Einstellungen, aber auch in institutionellen Praxen und gesellschaftlichen Strukturen ausdrücken kann.
Im Folgenden werden zunächst die wichtigsten Datenquellen vorgestellt, die für die Darstellung der Ergebnisse genutzt wurden. Im zweiten Schritt werden die Indikatoren zur Messung von Muslimfeindlichkeit sowie ihre unterschiedlichen Facetten diskutiert. Im Anschluss werden die Ergebnisse zum Ausmaß von muslimfeindlichen Einstellungen präsentiert. Anschließend werden zentrale Erklärungsfaktoren von Muslimfeindlichkeit näher beleuchtet. In einem Fazit werden die wichtigsten Erkenntnisse zusammengefasst und Leerstellen aufgezeigt.
3.1.1 Übersicht zur Studienlage
Zurzeit erfassen fünf aktive16 Studienreihen regelmäßig muslimfeindliche Einstellungen und wiederholen dies in der Regel alle ein bis drei Jahre (für eine Übersicht über die Erhebungszeitpunkte s. Tab. 3.1). Diese Studien nutzen allerdings relativ wenige Items17, sogenannte Kurzskalen, da diese in einen sehr umfangreichen Fragebogen zu unterschiedlichen Themen – sogenannte Mehrthemenbefragungen – inkludiert sind (siehe z. B. ALLBUS). Daher werden in diesen Studienreihen nur wenige Facetten von Islam- und Muslimfeindlichkeit erfasst.
Tabelle 3.1: Bundesweite Studienreihen mit Daten zu muslimfeindlichen Einstellungen
1. Die „Allgemeine Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften“ (ALLBUS) wird seit 1980 durch das GESIS-Institut durchgeführt. Dessen Erhebungen 2012, 2016 und 2021 (vgl. Terwey/Baltzer 2013; GESIS 2017; Baumann/Schulz/Thiesen 2022) haben jeweils die gleichen fünf Items zu Muslim- bzw. Islamfeindlichkeit verwendet, die mit dieser vergleichsweise langen Zeitspanne besonders interessant sind.
2. Mit den sogenannten „Mitte-Studien“ der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES-Mitte-Studien: vgl. Decker/Weißmann/Kiess/Brähler 2010; Decker/Kiess/Brähler 2012; Zick/Klein 2014; Zick/Küpper/Krause 2016; Zick/Küpper/Berghan 2019; Zick/Küpper 2021) kommt 2010 eine weitere Studienreihe im zweijährigen, teilweise auch jährlichen, Rhythmus hinzu, die Muslimfeindlichkeit als Facette der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit (GMF) versteht und erhebt.
3. Die Studienreihe „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ des Bielefelder Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (GMF-Surveys: einen Überblick gibt Zick/Berghan/Mokros 2019) erhob seit dem Jahr 2002 bis 2011 kontinuierlich jedes Jahr zwei Items zum Grad der Zustimmung zu folgenden Aussagen:
a) „Durch die vielen Muslime hier fühle ich mich manchmal wie ein Fremder im eigenen Land.“
b) „Muslimen sollte die Zuwanderung nach Deutschland untersagt werden.“
Diese beiden Items wurden auch in andere Studienreihen aufgenommen, so dass zu diesen Ergebnisse für einen relativ langen Zeitraum vorliegen.
4. Seit 2002 führt das Kompetenzzentrum für Rechtsextremismus- und Demokratieforschung der Universität Leipzig die „Leipziger Mitte-Studien“ durch, die seit 2018 „Leipziger Autoritarismus-Studien“ heißen (Leipziger M-A-S: vgl. Decker/Kiess/Brähler 2014; Decker/Kiess/Brähler 2016: Decker/Brähler 2018; Decker/Brähler 2020; Decker/Kiess/Heller/Brähler 2022: 70–72). Sie erheben im Zwei-Jahres-Rhythmus ebenfalls immer mit den zwei gleichen Items „Muslimfeindschaft“ in der deutschen Bevölkerung.18
5. Der „Religionsmonitor“ der Bertelsmann Stiftung wird seit 2007 im Rhythmus von vier bis sechs Jahren durchgeführt und erhebt seit 2012 regelmäßig Daten zu Muslimfeindlichkeit als Teilaspekt religiöser Toleranz (vgl. Pollack/Müller 2013;
Pickel 2013; Halm/Sauer 2017; Pickel 2019). Die Besonderheit ist die Möglichkeit des Vergleichs mit Einstellungen zu anderen Religionen und Religionsgemeinschaften. Außerdem ist der Religionsmonitor ländervergleichend, so etwa 2007 zwischen 21 Ländern.
6. Auch die Studienreihe „Zugehörigkeit und Gleichwertigkeit“ (ZuGleich) der Stiftung Mercator erhob in den vier Studien Zick/Preuß 2014, Zick/Preuß 2016, 2018 in Zick/Preuß 2019 und zuletzt 2020 in Zick/Krott 2021 Muslimfeindlichkeit. Diese bildet eine von drei Facetten der GMF, die daneben ‚Fremdenfeindlichkeit‘ und die Abwertung von Geflüchteten umfasst.
Bei der ZuGleich-Studienreihe bleibt allerdings unklar, wie die Autor*innen die Items zu Muslimfeindlichkeit operationalisieren: Bei den Erhebungen 2014 und 2020 wurden unterschiedliche Items genutzt, 2016 und 2018 wird nicht über Items zu Muslimfeindlichkeit berichtet. Daher werden in den folgenden Darstellungen die Items der ZuGleich-Studienreihe nicht berücksichtigt.
Neben den bundesweiten Studienreihen haben sich teilweise auch wiederkehrende Bevölkerungsbefragungen auf Länderebene etabliert, die Muslimfeindlichkeit als Teil eines größeren Themenkomplexes erfassen. Der „Sachsenmonitor“ (vgl. Pickel/Yendell 2021) setzte im Jahr 2016 mit einer wiederkehrenden Datenerhebung zum Thema ein. Auch der „Thüringen Monitor“ (vgl. Reiser et al. 2019) zählt zu diesen Instrumenten.
Neben dem regelmäßigen Monitoring dieser genannten Survey-Reihen gibt es zudem zahlreiche repräsentative Studien, die muslimfeindliche Einstellungen punktuell für einen bestimmten Zeitpunkt erfassen, aber durch den Vergleich mit Studien mit ähnlichen Items durchaus einen Eindruck zur Verbreitung, zum Ausmaß und zur Entwicklung von Muslimfeindlichkeit in der deutschen Bevölkerung geben können (z. B. der SVR-Integrationsbarometer, s. Sachverständigenrat für Integration und Migration 2022).
3.1.2 Facetten von Muslimfeindlichkeit
Konzepte zur Unterscheidung verschiedener Facetten von Muslimfeindlichkeit sind noch in der Entwicklung begriffen. Die verschiedenen Studienreihen, die das Thema in ihre regelmäßige Erhebungspraxis integriert haben, verwendeten zumindest in der Anfangsphase unterschiedliche Begriffe (s. Kapitel 2) wie Islamfeindlichkeit, -feindbild, -stereotyp, Muslimfeindschaft und andere Synonyme. Dementsprechend beziehen sich die teils sehr unterschiedlichen Indikatoren, die zur Messung eingesetzt werden, auf verschiedene Facetten, was sich auch in den Ergebnissen widerspiegelt. So erfasst die Zustimmung zur häufig eingesetzten Aussage „Muslimen sollte die Zuwanderung nach Deutschland untersagt werden“ (vgl. u. a. Frindte/Dietrich 2017) eine Ablehnung von Muslim*innen als Migrant*innen, während die Zustimmung zum Item „Der Islam ist eine Religion der Intoleranz“ (vgl. u. a. Zick/Küpper/Hövermann 2011) allein auf die Wahrnehmung der Religion abzielt. Es ist zwar davon auszugehen, dass Menschen, die den Islam pauschal als eine intolerante Religion verstehen, auch stärkere Vorbehalte gegenüber Muslim*innen haben. Beide Einstellungen beziehen sich aber auf unterschiedliche Adressat*innen und drücken nicht das Gleiche aus. Zudem haben sie thematisch unterschiedliche Bezüge; die erste Aussage stellt den Bezug zum Thema Migration her, während die zweite stärker auf Wertvorstellungen abzielt. Empirische Studien weisen darauf hin, dass die Unterscheidung verschiedener Dimensionen von Muslimfeindlichkeit sinnvoll ist, um die Ursachen von Muslimfeindlichkeit sowie inhaltliche Verschiebungen des Phänomens und Entwicklungsdynamiken besser zu verstehen (vgl. Tab. 3.2). So ist erstens zwischen unterschiedlichen Adressat*innen, gegen die sich die Ablehnung bzw. die Vorurteile richten können, zu unterscheiden (vgl. Diekmann 2022; Uenal 2016; Pfahl-Traughber 2012); diese können sich einerseits gegen Muslim*innen richten, andererseits gegen den Islam als Religion.
Auch wenn sich der Bericht explizit mit Muslimfeindlichkeit befasst, sind Erkenntnisse zu Einstellungen gegenüber dem Islam eine wichtige Ergänzung – zumal zwischen beiden Phänomenen Zusammenhänge bestehen: Die Abwertung der Religion ist häufig verknüpft mit einer Abwertung von Muslim*innen (vgl. Diekmann 2017; 2022). Zweitens äußern sich muslimfeindliche Einstellungen in der Regel mit Bezug auf vier Themenbereiche (vgl. Janzen et al. 2019; s. a. Unterkapitel 3.1.5.5): Die Zuschreibung von Rückständigkeit, die sich vor allem in der pauschalen Unterstellung patriarchaler Geschlechterverhältnisse ausdrückt, einer mangelnden Integrationsfähigkeit, einer Neigung zu Gewalt und Extremismus sowie eine pauschale Bedrohungswahrnehmung.
Eine weitere Ebene zur Differenzierung von Muslimfeindlichkeit ist drittens die Unterscheidung von muslimfeindlichen Einstellungen auf der einen und Verhaltensabsichten auf der anderen Seite, also inwiefern Muslimfeindlichkeit mit einem diskriminierenden Verhaltenspotenzial verbunden ist.
Die auf diesen Überlegungen basierende – in Tab. 3.2 dargestellte – Heuristik wird im Folgenden als Grundlage zur Systematisierung, Auswahl und kompakten Darstellung der Vielzahl an quantitativen Daten zu Muslimfeindlichkeit, deren Ausmaß und zeitlichen Entwicklungsverlauf genutzt.
Tabelle 3.2: Facetten von Muslimfeindlichkeit
Muslimfeindliche Einstellungen in Deutschland im Zeitvergleich
Wie bereits dargestellt, gibt es mittlerweile eine Reihe von repräsentativen Studien, die Muslimfeindlichkeit als Teilaspekt eines größeren Themenkomplexes untersuchen. Allerdings gibt es nur wenige Items, die sich zur Messung von Muslimfeindlichkeit etabliert haben und in verschiedenen Studien repliziert bzw. über mehrere Jahre hinweg erhoben werden. Die im Folgenden präsentierten Indikatoren und Befunde sind geeignet, um das Ausmaß an Muslimfeindlichkeit sowie ihre unterschiedlichen Facetten gut abzubilden; für den Zeitvergleich wurde unter anderem auf Erhebungen verschiedener Studien zurückgegriffen, die ähnliche Indikatoren zu unterschiedlichen Zeitpunkten eingebunden haben. Diese sind teilweise zwar nicht identisch formuliert und daher nicht eins zu eins zu vergleichen, können aber in ihrer Summe doch einen guten Eindruck über die Verbreitung der entsprechenden Facette von Muslimfeindlichkeit vermitteln.
3.1.3.1 Pauschale Vorbehalte: Bedrohungsgefühle und soziale Distanz
Relativ allgemein formulierte Items zu Bedrohungsgefühlen und Ängsten gegenüber Islam und Muslim*innen sowie einem generellen Misstrauen ihnen gegenüber sind ohne einen thematischen Bezug besonders gut geeignet, um das Gesamtaus maß an Vorbehalten zu ermitteln – unabhängig von den jeweiligen Hintergründen, die durchaus variieren können.
Ein guter Indikator, der allgemeine Vorbehalte gegenüber Muslim*innen abbilden kann, ist die Zustimmung zum Statement „Durch die vielen Muslime fühle ich mich manchmal wie ein Fremder im eigenen Land“. Dieses Item wurde 2003 bis 2011 im Rahmen der GFM-Surveys erhoben – und ist seit 2014 in den Leipziger-Mitte-Studien (seit 2018 umbenannt in Leipziger Autoritarismus-Studie) sowie den seit 2014 durchgeführten Mitte-Studien der Friedrich-Ebert-Stiftung enthalten, so dass wir hier die Zustimmung zu dieser Aussage über einen relativ großen Zeitraum darstellen können (siehe ↗ Abb. 3.1). Die Aussage suggeriert, dass Muslim*innen nicht dazugehören („Othering“) und bringt somit eine klare Abgrenzung zu ihnen durch eine Wir-Sie-Unterscheidungslogik zum Ausdruck, die für eine empfundene große soziale Distanz steht.
Abbildung 3.1: Zustimmung zu der Aussage „Durch die vielen Muslime fühle ich mich manchmal wie ein Fremder im eigenen Land“ in verschiedenen Studien 2003–2022 (in %)
Die hier im Zeitverlauf gezeigten Ergebnisse verdeutlichen durchweg relativ stark ausgeprägte Vorbehalte: Rund ein Drittel der Bevölkerung stimmte bereits 2003 der vorgegebenen Aussage zu. Dieser Anteil ist über die Zeit angestiegen, was für eine Zunahme muslimfeindlicher Einstellungen in der Bevölkerung spricht. Die Leipziger-Autoritarismus-Studie kommt 2018 sogar auf Werte von über 50 Prozent, die im Laufe der Pandemie wieder auf einen Anteil von 38 Prozent absinken.
Die FES-Mitte-Studie kommt im selben Erhebungszeitraum in den Jahren 2014 bis 2018 zu deutlich niedrigeren Zustimmungswerten zwischen 32 und 35 Prozent. Die unterschiedlichen Ergebnisse sind vermutlich auf die eingesetzten Erhebungsmodi in beiden Studien zurückzuführen: Während die FES-Mitte-Studie repräsentative Telefonbefragungen durchgeführt hat – wie auch die GFM-Surveys –, arbeitet die Leipziger-M-A-S-Studie mit Face-to-Face-Interviews, wobei diese sensiblen Fragen anhand eines selbstausgefüllten Fragebogens und somit unter Bedingungen der Anonymität beantwortet worden sind. Damit konnten Effekte sozialer Erwünschtheit weitestgehend reduziert werden, die unter Anwesenheit einer*s Interviewenden bei Telefonbefragungen nicht ausgeschlossen werden können. Somit ist davon auszugehen, dass die tatsächlichen Zustimmungen zur abgefragten Aussage durchaus etwas höher liegen, als es die GFM-Surveys wie auch die FES-Mitte-Studie ermittelt haben.
Interessanter als die exakten Prozentwerte ist jedoch die Entwicklungsdynamik: Ersichtlich werden eine relative Kontinuität und situative Anstiege bei bestimmten Ereignissen, z. B. im Rahmen der Debatte um Geflüchtete im Jahr 2016. Währenddessen verzeichneten beide Studien zu diesem muslimfeindlichen Statement höhere Zustimmungen, die sich mit Abebben der Debatte wieder auf das Anfangsniveau einpendelten. Dieses Muster ist bereits früher in den GFM-Surveys zu beobachten: Sie dokumentierten Anstiege 2006 und 2007 infolge der islamistisch motivierten Anschläge in Madrid 2004 und London 2005. Ausgehend von diesen Werten und Dynamiken sind aktuell bei rund einem Drittel bis 40 Prozent der Bevölkerung relativ starke muslimfeindliche Vorbehalte zu finden.
Diese Ergebnisse bestätigt auch der Religionsmonitor. Im Rahmen einer Nacherhebung der Daten Ende 2014, in der dieses Item einmalig eingesetzt wurde, kommt er auf rund 40 Prozent der Befragten, die dieser Aussage zustimmen (vgl. Vopel/
El-Menouar 2015: 8). Im Rahmen des Religionsmonitors 2017 ermittelt die Frage „Wie sehr vertrauen Sie Muslimen?“ einen Anteil von 41 Prozent, die angeben, Muslimen pauschal „gar nicht“ oder „wenig“ zu vertrauen (vgl. Pickel 2019: 74).
Abbildung 3.2: Ablehnung einer/s muslimischen Bürgermeisterin/Bürgermeisters in der eigenen Gemeinde (in %)
Ein weiteres Item, das den Grad sozialer Distanz zu Muslim*innen gut abbilden kann, ist die Zustimmung zur (gegenderten) Aussage „Ich hätte nichts gegen einen muslimischen Bürgermeister in meiner Gemeinde“, die in den Umfragen des ALLBUS zu verschiedenen Erhebungszeitpunkten in gegenderter Form eingesetzt wurde und besonders starke Ablehnung auslöst. Allein auf die stärkste Form der Ablehnung (1 „stimme überhaupt nicht zu“ auf einer Skala bis 7) fallen 2012 bereits 31 Prozent der Stimmen, 2016 sind es 32 und 2021 immer noch 22 Prozent. Zählt man auch die anderen Antwortkategorien mit teilweiser Ablehnung hinzu, kommt man auf 50 Prozent für 2012 und 2016 sowie auf 37 Prozent 2021. Dieser Befund zeigt, dass zwar die Wahrnehmung von Muslim*innen als ‚Andere‘ abgenommen hat, aber immer noch wesentliche Anteile der Bevölkerung sie nicht als gleichberechtigte Mitglieder der deutschen Gesellschaft wahrnehmen und anerkennen.
Wenn es um pauschale Vorbehalte gegenüber der Religion des Islams geht, dann fallen die Werte insgesamt sogar höher aus als bei der Ablehnung von Muslim*innen. Zur Messung von islamfeind lichen Einstellungen auf einer allgemeinen Ebene eignet sich insbesondere die Frage „Als wie bedrohlich oder wie bereichernd nehmen Sie den Islam wahr?“, die der Religionsmonitor der Bertelsmann Stiftung seit 2012 erhebt20 . Ein weiteres Item, das sich dazu eignet, ist der im ALLBUS erhobene Grad der Zustimmung zur Aussage „Der Islam passt in die deutsche Gesellschaft“; Ergebnisse liegen hier für die Jahre 2012 und 2021 vor.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Zustimmung zu islamfeindlichen Einstellungen zwar über die Zeit leichten Schwankungen unterliegt, aber im Großen und Ganzen Konstanz aufweist: Rund die Hälfte der Bevölkerung nimmt den Islam pauschal als Bedrohung wahr; ein etwas größerer Anteil ist der Meinung, der Islam passe nicht in die deutsche Gesellschaft, und markiert damit den Islam als nicht zugehörig.
Muslimfeindlichkeit – Eine deutsche Bilanz
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